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SRF-Korrespondenten erzählen Good News statt Krisen und Konflikte: Was richtig gut läuft

Überall Kriege, Krisen und Konflikte? Mitnichten! Unsere Korrespondentinnen und Korrespondenten zeigen, was in ihren Ländern richtig gut läuft.

Meist dominieren negative Schlagzeilen das Jahr über die News. Dabei geht leicht vergessen, dass überall auf der Welt viele Dinge im Alltag gut funktionieren. Zu den Festtagen stellen unsere Korrespondentinnen und Korrespondenten Dinge vor, die an ihrem Wohn- und Arbeitsort richtig gut funktionieren. Und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern:

Grossbritannien: Gratis-Kunst und unerschütterlicher Humor

Patrik Wülser

Grossbritannien-Korrespondent

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Patrik Wülser arbeitet seit Ende 2019 in London als Grossbritannien-Korrespondent für SRF. Wülser war von 2011 bis 2017 Afrika-Korrespondent und lebte mit seiner Familie in Nairobi. Danach war er Leiter der Auslandsredaktion von Radio SRF in Bern.

Egal ob Züge ausfallen, weil ein Schwan auf den Schienen sitzt. Oder man mit einem kaputten Zahn beim nationalen Gesundheitsdienst in den Orbit einer unendlichen Telefonwarteschlaufe gerät. Die Britinnen und Briten tragen die ortsüblichen Zumutungen stets mit Humor und Höflichkeit. Allein um sich zu entschuldigen, existieren im Englischen mehr als sechzig Formulierungen, die von Takt und Bedauern umfächelt sind, um nach Fehltritten aller Art das Universum wieder zurechtzurücken. Es ist eine wohlwollende Gelassenheit, welche die marode Seefahrernation täglich zusammenhält.

«Auf hoher See ist nichts sicher», hat Lord Nelson am Vorabend der Schlacht von Trafalgar notiert. Das kann man unentgeltlich im British Maritime Museum in Greenwich in seinem Logbuch nachlesen. Denn die meisten Museen in Grossbritannien sind nicht nur erhellend, sondern auch gratis. Man kann mittags sein Sandwich in der Tate Gallery vor einem wässrigen Turner-Himmel essen oder sich nachmittags im Dezember schmerzfrei im Anästhesie-Museum die Knochen wärmen.

Besucherinnen und Besucher schauen sich in der Londoner Tate Gallery um.
Legende: Im Angesicht der Kunst: Auch unser Korrespondent Patrik Wülser geniesst gerne mal ein Sandwich auf einem der Bänkli in der Londoner Tate Gallery. Imago/I-Wei Huang

Ostafrika: Lebensfreude beim Tanzen in der Partymetropole Kampala

Sarah Fluck

Afrika-Korrespondentin

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Sarah Fluck ist seit 2024 Afrika-Korrespondentin von Radio SRF und lebt in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Vor ihrem Engagement bei SRF war Fluck als freie Journalistin in Ostafrika tätig. Sie hat Afrikapolitik an der «School of Oriental and African Studies» (SOAS) in London studiert.

In Ostafrika sagt man: «Wenn du arbeiten willst, geh' nach Nairobi. Wenn du entspannen willst, zieh' nach Kigali. Aber wenn du feiern willst, dann komm' nach Kampala.» Die ugandische Hauptstadt wird diesem Ruf gerecht. Mit 75 Prozent der Bevölkerung unter 30 Jahren treibt die Jugend Kampalas lebendiges Nachtleben voran. «Uganderinnen und Ugander können bis um 10 Uhr morgens feiern», erzählt DJ Alisha. «Hier gibt es keinen Feierabend – von Montag bis Sonntag ist immer etwas los.» Im Gegensatz zu anderen Ländern der Region gibt es in Kampala keine Schliesszeiten für Bars und Clubs.

«Wenn Gäste da sind, bleiben wir offen», erklärt Nathan Wanzala Alexander, Manager des Clubs Thrones an der Partymeile Bandali Rise. Thrones zieht mit günstigen Flaschenpreisen vor allem junge Leute an. Auch die wachsende Technoszene bietet Alternativen zu den dominierenden Afro-Beats und Dancehall-Rhythmen. Bei Events wie «Femme Frequencies» in der Wild Coffee Bar treffen sich Musikliebhaberinnen und -liebhaber, um bis in die frühen Morgenstunden zu elektronischen Klängen zu tanzen.

Kampala – Die pulsierende Partyhauptstadt Ostafrikas

Neben Musik und Tanz gehören kulinarische Genüsse fest zum Nachtleben in Kampala. Besonders beliebt sind gegrillte Fleischspiesse, die oft mit scharfer Pili-Pili-Sauce serviert werden. In Open-Air-Locations wie den Kyadondo Rugby Grounds werden täglich Zehntausende dieser Schweinespiesse frisch zubereitet – ein Klassiker für die hungrigen Nachtschwärmer. Doch es wird nicht nur gefeiert: Zwischen den Partygästen sieht man oft Gruppen, die Schach spielen, Freundesrunden bei einer Shisha oder Menschen, die sich an einem Pooltisch messen.

Besucher Matthew, 32, ist begeistert: «In Europa tanzt man oft ohne Rhythmus, aber hier fühlen die Leute die Musik – sie leben den Beat. Die Energie ist anders.»

USA: Das Gemeinschaftsgefühl beim American Football

Barbara Colpi

USA-Korrespondentin

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Barbara Colpi berichtet seit Juli 2022 als Korrespondentin für Radio SRF und News Digital aus den Vereinigten Staaten. Sie ist seit 2005 bei Radio SRF und begann als Redaktorin in der Sportredaktion, wo sie 2008 die stellvertretende Leitung übernahm. Im Frühling 2016 wechselte die studierte Sozialanthropologin auf den Korrespondentenposten nach Lausanne.

Hier finden Sie weitere Artikel von Barbara Colpi und Informationen zu ihrer Person.

In den USA sind viele Diskussionen in der Politik, aber auch in Familien und unter Freunden von einer tief polarisierten, gehässigen Stimmung geprägt, doch es geht auch anders: Die Liebe zum American Football verbindet viele Menschen und die Fankultur wird zelebriert. Eine tief verwurzelte Tradition ist das sogenannte Tailgating.

Die Fans versammeln sich schon Stunden vor dem Spiel auf den Parkplätzen rund um das Stadion, um zu grillieren, zu feiern und zu trinken. Sie stellen Zelte auf, Grills und auch Spiele neben ihren Autos und Pick-up-Trucks und sie machen diese Vorfeier zum Spiel zum Event. Auffällig und wohltuend ist, dass dies alle zusammen machen. Jeder und jede nimmt etwas mit, es wird viel gelacht und man kommt mit allen möglichen Menschen und Generationen ins Gespräch. Es ist auch ein Ausdruck von Identität und Gemeinschaftsgefühl. Nichts kann die Fans davon abhalten, auch widrigste Wetterbedingungen wie Schnee oder Regen nicht.

Fans der Buffalo Bills grillieren vor ihrem Pick-up.
Legende: Selbst bei grösstem Schneegestöber stehen die Fans der Buffalo Bills zusammen und haben eine gute Zeit mit Bier und Grilladen. SRF/Barbara Colpi

Ich war kürzlich in Buffalo dabei beim Tailgating, und die Fans der heimischen Bills liessen sich auch von Schneegestöber und Minustemperaturen nicht abschrecken. Weil erst gerade Präsidentschaftswahlen waren, hatten viele Aufkleber an den Autos, aber nur diese verrieten die unterschiedlichen politischen Gesinnungen. Es war sonst kein Thema.

American Football ist die wichtigste Sportart in den USA, da gibt es auch grosse Rivalitäten, doch Ausschreitungen oder gehässige Momente gibt es nicht. Das gehört sich einfach nicht, das macht man nicht, das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz. Das wichtigste Motto lautet: eine gute Zeit zu verbringen und zusammen Fun zu haben.

Thailand: Vorreiterrolle bei LGBT-Rechten

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

Thailand hat schon lange den Ruf, tolerant zu sein in einer Region, in der queere Menschen noch immer unterdrückt werden. Mit der «Ehe für alle» zementiert das Land seine Vorreiterrolle.

Thanawan Deeprasertkul konnte es erst kaum glauben, als das Gesetz verabschiedet wurde. Denn in der Vergangenheit gab es mehrere erfolglose Versuche, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.

Für die 50-Jährige geht ein Traum in Erfüllung. Sie kann ihre Partnerin Prattana Sreemod endlich heiraten. Vor 13 Jahren haben sich die zwei Frauen online kennengelernt. Seither sind sie zusammen. Rechtlich aber gelten beide als ledig.

Thanawan Deeprasertkul und Prattana Sreemod
Legende: Endlich können Thanawan Deeprasertkul und Prattana Sreemod heiraten. Ab Januar können in Thailand gleichgeschlechtliche Paare heiraten. SRF/Martin Aldrovandi

Was das bedeutet, erfuhren sie, als Prattana einen schweren Autounfall hatte und bewusstlos auf der Intensivstation lag. Es war nicht sicher, ob sie den Unfall überleben würde, erzählt Prattana. «Die Ärzte verlangten die Einwilligung der Angehörigen, ob sie mich noch operieren sollten. Meine Lebenspartnerin musste mitten in der Nacht über Freunde meine Eltern erreichen.» Thanawan darf nicht selber unterschreiben. Sie sei lediglich eine Freundin, sagte man ihr im Spital.

Die Gesetzesänderung tritt in Thailand am 22. Januar in Kraft. Thanawan und Prattana wollen an diesem Tag heiraten, so wie viele weitere Paare. Einen Termin für die Hochzeitsfeier müssen sie aber erst noch finden, sagt Thanawan.

Viel wichtiger als ein rauschendes Fest ist für sie das Alltagsleben. Und da habe sich viel getan, sagt Thanawan. Sie könnten jetzt in der Öffentlichkeit Händchen halten, und sogar laut «Schatz» sagen, ohne dass sie angestarrt würden oder jemand die Stirn runzle.

Italien: Jubeljahr in Rom

Franco Battel

Italienkorrespondent

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Franco Battel ist seit 2024 wieder Italienkorrespondent bei Radio SRF. Zuvor war er Auslandredaktor. Bereits von 2015 bis 2021 berichtete Battel als Korrespondent für Italien und den Vatikan aus Rom. Zuvor war er als Auslandredaktor für Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich.

Kriege und Krisen sind derzeit oft das beherrschende Thema. Die Meldungen darüber dominieren die tagtäglichen Nachrichten. Und genau in diese Zeit fällt ein Ereignis, das nur schon wegen seines Namens aus der Zeit gefallen scheint. Am 24. 12. beginnt in Rom ganz offiziell ein Jubeljahr, auch Heiliges Jahr genannt. Jubeljahre sind selten, regulär finden sie nur alle 25 Jahre statt. Und sie bringen all jenen, die daran glauben, Erleichterung. Nämlich den Ablass aller Sünden.

Bald werden auf dem Petersplatz in Rom lange Schlangen stehen. Das Ziel der Pilgerinnen und Pilger wird die Pforte an der rechten Seite des Petersdoms sein, die Heilige Pforte. Sie ist normalerweise geschlossen, gar zugemauert, damit wirklich keiner durchgehen kann. Am Heiligabend aber wird Papst Franziskus dieses Portal aufschliessen und die beiden Türflügel mit feierlicher Geste aufstossen.

Wer seine Sünden loswerden will, durchschreitet diese Pforte. Ein Jahr lang bleibt sie offen. Es gibt Leute, die fest an diesen Ablass glauben, andere schütteln nur den Kopf, andere sind sowieso in Rom und gehen aus Neugier hin und wieder andere haben keine Ahnung davon. Rom aber putzt sich vor jedem Jubeljahr heraus, renoviert und saniert auf Teufel komm raus.

Papst Franziskus öffnet die Heilige Pforte am Petersdom.
Legende: Wo man seine Sünden loswird: Papst Franziskus eröffnet das Heilige Jahr 2015. Imago

Früher blieben die Pforten dann 25 lange Jahre verriegelt. Heute ist das anders. Bereits in acht Jahren gehen sie wieder auf, nämlich 2033, zum 2000. Jahrestag der Auferstehung Christi. Vielleicht hatte der Papst, als er dieses ausserordentliche Heilige Jahr ansetzte, auch den Hintergedanken, dass wir ein bisschen mehr Jubel ganz gut gebrauchen könnten.

Westschweiz: Treffpunkt der Menschen im Genfer Bains des Pâquis

Roman Fillinger

Westschweiz-Korrespondent

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Roman Fillinger berichtet seit 2024 für Radio SRF über die Romandie. Zuvor war er während sechs Jahren als Osteuropa-Korrespondent in Warschau stationiert. Von 2007 bis 2018 arbeitete er in verschiedenen Funktionen beim «Echo der Zeit», unter anderem als Moderator und stellvertretender Redaktionsleiter.

Nirgendwo in Genf kann man mit so schöner Sicht auf die Stadt, den See und die Berge baden wie in den Bains des Pâquis. Anfang 1930er-Jahre wurden die Betonmole und die schmucklosen Hütten aus Holz gebaut. Seither hat sich hier architektonische nicht viel verändert. Dafür, dass das so ist, sind die Badegäste verantwortlich. Sie haben in den 1980er-Jahren gegen ein Modernisierungs- und Privatisierungsprojekt das Referendum ergriffen und an der Urne haushoch gewonnen.

Seither sind die Bains des Pâquis weit mehr als eine Badeanstalt und eine Wellnessoase: Fast an jedem Tag im Jahr gibt es auf der Mole Konzerte, Ausstellungen, Theater – immer gratis. Im Winter kann man hier zudem mit unschlagbarer Aussicht eines der besten Fondues der Stadt essen.

Echo der Zeit, 23.12.2024, 18 Uhr ; 

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