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«#SRFglobal» über Humor «Wir brauchen eine Armee des Humors»

Wenn es wenig zu lachen gibt, ist Humor wichtiger denn je. «#SRFglobal» über Satire in den USA, Russland und der Türkei.

Bereits in seiner ersten Woche als Präsident der USA hat Donald Trump viele fast schwindlig regiert mit seinen «Executive Orders» und mit unflätigen Angriffen gegen die Medien und politischen Gegner. Und mit der skurrilen Wortschöpfung «alternative Fakten» macht schon im Januar ein Kandidat für das Unwort des Jahres die Runde.

Eines ist klar: Donald Trump reagiert empfindlich und emotional auf Kritik – dies will sich der linke Aktivist und Filmemacher Michael Moore zu Nutze machen, Kürzlich erklärte er vor seinen Fans: «Was trifft ihn am meisten? Humor trifft ihn am meisten. Er ist der dünnhäutigste Rüpel, den ich je getroffen habe. (...) Das ist seine Achillesferse (...). Bilden wir eine Armee des Humors, so können wir ihn stürzen.»

Das seien revolutionäre Töne und wohl auch etwas naiv, findet zumindest der weltberühmte Schweizer Karikaturist Patrick Chappatte . Er hat sich selbst schon unzählige Male an Trump versucht: «Michael Moore hat schon recht, wir brauchen Humor und Satire mehr denn je. Aber das Problem mit Trump und anderen Populisten, die wir ja auch zur Genüge in Europa haben, ist, dass sie genau die gleichen Waffen benützen wie wir. Sie spitzen genauso zu, sie attackieren genauso.» Wenn etwas schon Realsatire sei, dann werde es schwierig, das überhaupt noch zu karikieren, meint Chappatte.

Aber dass Humor die Mächtigen trifft, lässt sich in autokratischen Ländern wie Russland oder der Türkei am besten festmachen. Vor allem daran, wie viel an Satire und Humor in diesen Ländern überhaupt noch zugelassen ist.

Humor im Auftrag des Staates

SRF-Russland-Korrespondent Christof Franzen liebt den Humor der Russen. Gerade auch den ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor und Galgenhumor, der sich in vielen Jahren der Unterdrückung gebildet hat. «Aber mit der Machtübernahme von Präsident Putin hat sich das ziemlich geändert, die staatlichen Sender wurden gleichgeschaltet. Vor allem nach den grossen Demonstrationen 2012 wurde es immer schwieriger.»

Laut Franzen gibt es nur noch kleine sogenannte Schutzzonen, etwa kleine oder ausländische Medien. Der bekannte russische Karikaturist Sergey Elkin arbeitet in einer solchen «Schutzzone» und stellt resigniert fest: «Das Niveau des Humors in unserem Land sinkt und sinkt – und das schon seit Jahren. Die Mehrheit der Menschen hier bemerkt das nicht einmal mehr. Aber die Satire ist inzwischen banal und primitiv.»

Viele Humoristen sind verstummt, üben sich in Selbstzensur oder haben die Seiten gewechselt und machen jetzt Satire im Auftrag des Staates. Jüngstes Beispiel war etwa in der Neujahrssendung des russischen staatlichen Fernsehens zu beobachten: Dort wurde der ukrainische Präsident Petro Poroschenko als debiler Blödmann veräppelt – so etwas sieht man in Putins Russland gerne.

Im Würgegriff von Erdogan

Satire im Auftrag der Macht, das gibt es laut SRF-Korrespondentin Ruth Bossart in der Türkei noch nicht. Für «#SRFglobal» meldet sie sich aus der Redaktion der Satirezeitschrift «LeMan», eine der wenigen oppositionellen Zeitschriften, die noch nicht von Präsident Erdogan geschlossen wurden.

Einerseits, weil «LeMan» mit einer Auflage von 50‘000 nicht so gross ist. Andererseits auch, weil die Zeitschrift selbst vorsichtiger geworden ist.

Wer Erdogan beleidigt, riskiert sofort ein Strafverfahren. Über 180 Medien sind bereits geschlossen worden, über 150 Journalisten sitzen hinter Gittern und Unzählige haben Verfahren am Hals.

«#SRFglobal»

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Logo der Sendung «#SRFglobal»

Mehr zum Thema heute Abend in #SRFglobal ab 20 Uhr auf www.srf.ch und ab 22.25 Uhr auf SRF 1.

Seit 25 Jahren ist Tuncay Akgün, Herausgeber von «LeMan» . Er sagt, für Satiriker sei der Boden in der Türkei sehr steinig geworden: «Wir haben eigentlich schon immer grossen Druck verspürt, aber so gross wie jetzt war er noch nie. Wir werden von mehreren Seiten bedrängt. Einerseits von der Regierung und andererseits von sehr brutalen und aggressiven Trollen in den sozialen Medien.»

Und alle wissen, auch sie könnten jederzeit im Gefängnis landen. In der Türkei herrscht ein autoritäres Einmannsystem, das sich immer mehr verfestigt, sagt Akgün. «Wir stehen kurz davor, dass man bald nicht mehr zeichnen, schreiben oder einen einfachen Tweet absetzen kann.» Es braucht unglaublichen Mut, sich gegen Erdogan aufzulehnen. Noch hat ihn Tuncay Akgün.

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