- Behörden schliessen das Gulag-Museum im westrussischen Joschkar-Ola, weil es bauliche Mängel aufweise.
- Der Direktor der Einrichtung hält den Schritt eher für politisch motiviert.
- Unter Präsident Wladimir Putin ist die Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen nach Meinung von Beobachtern zunehmend unerwünscht.
Die Aufarbeitung von stalinistischen Verbrechen gerät im heutigen Russland offenbar immer mehr ins Abseits. Jetzt wurde ein Gulag-Museum zur Schliessung gezwungen.
Politisch motiviert
Der Museumsdirektor hält den Schritt für politisch motiviert, weil die Aufarbeitung der Verbrechen aus der Sowjet-Ära zunehmend unerwünscht sei. Die Behörden erklärten, am Gebäude gebe es bauliche Mängel.
«Wir haben keinen Zugang mehr zum Museum», sagte der Direktor des Museums im westrussischen Joschkar-Ola, Nikolai Araktschejew, der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. Es habe auch einen Versuch gegeben, die Exponate zu beschlagnahmen.
Hunderte erschossen
Aus dem örtlichen Kulturministerium hiess es, das Gebäude sei geschlossen worden, weil es eine Gefahr für Besucher sei. Der Direktor versicherte aber, nur das Dach müsse einmal repariert werden. «Sie wollen das Museum zerstören, das eine Quelle der historischen Wahrheit und Freiheit ist», sagte Araktschejew.
Der frühere Soldat, der mehrere Jahre für die Menschenrechtsorganisation Memorial gearbeitet hat, recherchiert seit Jahren zu den stalinistischen Verbrechen und dem Gulag genannten System der Straf- und Arbeitslager in der Sowjetunion. Araktschejew versucht insbesondere, die Überreste der Opfer aufzuspüren, die in den Wäldern um die Stadt zu Hunderten erschossen wurden.
Unterlagen zerstört
Unter Präsident Wladimir Putin ist die Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen nach Meinung von Beobachtern zunehmend unerwünscht, und Historiker, die zu dieser Periode forschen, werden immer wieder unter Druck gesetzt. Im Juni berichtete zudem ein Forscher, dass die Behörden Gefängnisunterlagen zum Gulag zerstört hätten.