Es geht um richtig dicke Fische: Beluga-Störe gab es schon vor den Dinosauriern, sie werden bis zu hundert Jahre alt. Ein Kilo ihrer Eier kostet 10'000 Franken. Kein Wunder, wollen viele Leute Beluga-Kaviar. Im rumänischen Donau-Delta merkt man um die Jahrtausendwende: Es gibt kaum noch Störe, wegen Überfischung, Verschmutzung und zu vielen Dämmen. Seit 2006 ist der Störfang verboten.
Wilderer jagen die Fische trotzdem. Ihretwegen fährt Kommissar Gabriel Mediuru von der Donau-Delta-Polizei fast jeden Tag und oft auch nachts auf die Donau hinaus. Er muss eine unüberblickbare Weite kontrollieren. Das Delta in Nordostrumänien ist dort, wo die Donau Europa fast hinter sich gelassen hat und ausfranst, sich verliert in Kanälen, Schilffeldern, uralten Wäldern. Bevor sie sich im Schwarzen Meer auflöst. Hier gibt es Häuser ohne Strom, Dörfer ohne Kanalisation.
Wildern mit Strom
«Gerade letzten Samstag», sagt der Kommissar und stoppt sein Boot am sumpfigen Ufer, wo Wilderer leicht zwischen Weiden verschwinden könnten, «haben wir zwei Kilometer lange Netze gefunden». Mediuru zeigt ein Video auf seinem Smartphone. Ein Polizist versucht einen Stör aus dem Netz zu befreien, es ist mühsam, es dauert, endlich taucht das Tier wieder ein in den Fluss.
Kommissar Mediurus bestes Boot bringt es auf 70 Kilometer pro Stunde, dank der Schweiz: Die Schweiz hat das Boot für die rumänische Delta-Polizei gekauft, mit Geld aus der Milliarde, die sie an Osteuropa überwiesen hat, mit der sie sich gute Beziehungen zur Europäischen Union erkauft hat.
Alle paar Tage erwischen der Kommissar und seine Leute Fisch-Wilderer. Am schlimmsten seien die, die mit Strom töteten. Sie schliessen ein Handteller-grosses Gerät am Motor ihres Boots an, im Umkreis von 40 Metern sterben alle Tiere. Wenn die Polizei kommt, schmeissen sie die Beweisstücke ins Wasser. «Diese Wilderer haben unglaublich schnelle Boote, mit denen sie bis zu 100 Kilometer pro Stunde schaffen.»
Frustrierende Jagd
Trotz seines modernen Boots frustriert die Jagd den Polizisten. Die Wilderer sind nicht nur schneller, sie kommen auch meistens mit Geldstrafen davon. Die Menschen im Delta decken sie oft. «Die Leute warnen sich gegenseitig vor uns in den sozialen Medien; sie empfinden uns als Bedrohung.»
Unter türkis-pinkem Abendhimmel legt Fischer Nicolae Uncu in Sfantu Gheroge an, seinem Dorf, das man nur mit dem Schiff erreicht. Nach einem Tag auf dem Wasser. Sein halbes Leben hat er Störe gefangen und verkauft. Seit Jahrhunderten leben die Menschen in dieser Gegend auch vom Störfang. Er sagt: «Das Störfangverbot ist willkürlich, gegen unsere Tradition und müsste aufgehoben werden.»
Der Fischer lässt durchblicken, dass er, wie alle hier, zufällig gefangene Störe nicht wieder ins Wasser schmeisst. Längst, sagt er, müsste sich die Störpopulation erholt haben. Längst hätte der Staat seiner Meinung nach die Fischer für das Verbot entschädigen müssen. «Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.»
Auch Tudor Ionescu hat Hoffnung. Er hofft, dass es bald wieder mehr Störe in der Donau gibt. Der rumänische Stör-Fachmann schreibt SRF, die Population erhole sich nur ganz langsam. Ohne Fangverbot wären alle Bemühungen umsonst. Er schreibt auch: Der Staat müsste die Fischer tatsächlich entschädigen, müsste mehr Polizisten auf Wilderer ansetzen. Sogar einige der Leute, die die Störe zählen sollten, stählen sie. Das Geschäft mit dem Beluga-Kaviar ist zu verlockend.