- Mit Lastwagen und Baggern haben Dutzende Kosovo-Albaner eine Strasse blockiert, um den Besuch des serbischen Präsidenten zu verhindern.
- Aleksandar Vucic wollte die serbische Minderheit in einem Dorf westlich der Hauptstadt Pristina besuchen. Schliesslich hielt er eine Rede in Mitrovica.
- Er wolle den politischen Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo «die Luft rauslassen». Er sprach von «Frieden, Würde und Sicherheit».
Nachdem die EU Druck auf die Regierung Kosovos ausgeübt hatte, erhielt Vucic die Bewilligung dafür. Wegen der Proteste wurde Vucic aber nun der Besuch untersagt – aus Sicherheitsgründen. Trotz des Widerrufs dieser Erlaubnis machte sich Vucic von der Stadt Mitrovica aus auf den Weg ins serbische Dorf Banje in der Region Skenderaj (Srbica) westlich von Pristina.
Rede in Mitrovica
In der Stadt Mitrovica liess der serbische Präsident in einer Rede der aktuellen politischen Spannung zwischen Serbien und dem Kosovo «die Luft raus» und erklärte: «Wir müssen ein Mass an Frieden, Würde und Sicherheit finden. Sonst kann ein Mensch nicht leben. Deshalb: Wer sagt, wir wollen die Grenzen verändern, sagt nicht die Wahrheit. Denn wo sind denn die Grenzen heute?»
Major Thomas Diener, Kommandant der Swisscoy in der Nato-Schutztruppe KFOR, beobachtete die Situation in Mitrovica, wo im Vorfeld die Spannung spürbar war. Gegenüber SRF sagte er, für ihn sei die Stimmung in der Stadt während der Rede des serbischen Präsidenten erstaunlich ruhig gewesen. Keine Eskalation im Kosovo: Das ist eine gute Nachricht für die Swisscoy.
Für Georg Häsler Sansano in Mitrovica lag im Besuch Vucics im Kosovo alles drin: Das grosse Friedensangebot mit der Anerkennung Kosovos – oder der Auftakt für einen neuen Konflikt. «Aber es war weder noch.»
Vucic habe schlicht das serbische Kosovo-Narrativ wiedergegeben und dabei Slobodan Milosevic einen grossen, serbischen Führer genannt, so Häsler Sansano. «Eine Art rhetorische Beruhigungspille in alle Richtungen. Die finale Phase der Kosovo-Verhandlungen bleibt ein undurchschaubares Poker-Spiel.»
Keine Lösung in Sicht
Der serbische Präsident sieht keine Chancen für eine schnelle Lösung des Konflikts. Ein Kompromiss in diesem Streit sei «fast unmöglich», zitierten die Medien in Belgrad Vucic. Demgegenüber streben die EU und die USA an, in den nächsten Monaten einen Durchbruch in dem Dauerkonflikt zu erreichen.
Die Idee einer Grenzverschiebung ist momentan Gegenstand zäher Verhandlungen. Der Westen hatte immer wieder behauptet, ein Ende der Dauerkrise könne nahe sein. Am vergangenen Freitag war eine neue Vermittlungsrunde der EU in Brüssel zwischen den beiden zerstrittenen Nachbarn gescheitert. Vucic hatte sich geweigert, seinen kosovarischen Kollegen Hashim Thaci zu treffen und reiste ab.
Serbien werde sich aber nicht mit den Grossmächten anlegen, die überwiegend das Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt hatten, sagte der Präsident weiter. Stattdessen müsse Serbien wirtschaftlich stärker werden und seine Minderheit im Kosovo tatkräftig unterstützen. Dann könnte sich in Zukunft möglicherweise eine neue Chance für eine Konfliktlösung ergeben.