Die Premiere ging nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne: Die Kabinettssitzung der spanischen Regierung in Barcelona war begleitet von Protesten, Strassenblockaden und einem riesigen Sicherheitsaufgebot.
Der Grund: Die Unabhängigkeitsbefürworter sahen darin eine Provokation – denn das gab es zuletzt 1976, noch in Zeiten des Übergangs von der Diktatur Francos zur Demokratie. Zudem jährten sich am heutigen 21. Dezember die katalanischen Parlamentswahlen, die Ministerpräsident Mariano Rajoy letztes Jahr unter der Zwangsverwaltung angeordnet hatte.
Sánchez dagegen wollte die heutige Sitzung als freundliche Geste in Richtung Katalonien verstanden wissen.
Schwieriges Terrain für die Regierung aus Madrid
Sánchez war klar, dass er in Barcelona heikles Terrain betreten würde. Im Nacken sitzen ihm nicht nur die katalanische Regierung und die Hardliner unter den Unabhängigkeitsbefürwortern – auch wenn sie höchstens eine knappe Hälfte der katalanischen Bevölkerung ausmachen.
Im Nacken sitzen Sánchez auch die, die unabhängig von der Territorialfrage dringend eine Freilassung der teils über ein Jahr in U-Haft sitzenden katalanischen Ex-Politiker und Aktivisten fordern. Und im Nacken sitzen Sánchez all jene, die grundsätzlich mehr Härte gegenüber den Katalanen fordern – in den eigenen sozialistischen Reihen, und erst recht in den Reihen der Rechts- bis Rechtsaussenparteien Ciudadanos, Partido Popular und Vox.
Ein erster Schritt zur Versöhnung
So gesehen brachte Sánchez’ Visite in der Katalonienfrage einen Minimalkonsens: Investitionen und den Willen zum Dialog, der ab Januar konkret und regelmässig geführt werden soll. Es war der kleinste gemeinsame Nenner. Dennoch war der Schritt überfällig: Für die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter, die inzwischen keinen gemeinsamen Plan mehr haben – aber auch für Sánchez, der weiter auf die Katalanen angewiesen ist, um sein Budget durchzubringen und um mit der labilen Minderheitsregierung an der Macht zu bleiben. An dem Punkt war man schon einmal: Vor über 10 Jahren, als Barcelona und Madrid sich in einem langen Prozess auf ein neues Autonomiestatut einigten, das später aber für verfassungswidrig erklärt wurde. Zurück auf Feld eins? Wie auch immer: Man kann von erneuten ersten Schritten reden, der Weg aber ist definitiv noch weit.