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Russisches Raketenabwehrsystem S-400 für die Türkei
Aus SRF 4 News aktuell vom 14.06.2019. Bild: Keystone/Archiv
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Streit um Raketenabwehrsystem «Erdogans Russland-Deal könnte in einer Sackgasse enden»

Der Streit zwischen den Nato-Partnern Türkei und USA wird lauter. Grund ist der angekündigte Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 gegen den erklärten Willen der Amerikaner. Die Türkei habe zurzeit keine guten Optionen, schätzt Journalist Thomas Seibert in Istanbul.

Thomas Seibert

Journalist in der Türkei

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Thomas Seibert verdiente sich seine journalistischen Sporen bei der «New York Times» und den Nachrichtenagenturen Reuters und AFP, bevor er 1997 als freier Journalist in die Türkei ging. Nach einem kurzen Zwischenhalt als Berichterstatter in den USA kehrte er im Juni 2018 nach Istanbul zurück.

SRF News: Warum kauft die Türkei ausgerechnet ein russisches Raketen-Abwehrsystem?

Thomas Seibert: Die Türkei schaut sich schon seit längerem nach einem solchen System zur Landesverteidigung um. Das amerikanische Patriot-System war Ankara allerdings zu teuer. Ausserdem versprechen die Russen einen Technologietransfer, was die USA ablehnen.

Was stört die USA daran?

Zum einen wird argumentiert, dass S-400 innerhalb der Nato-Luftverteidigung nicht kompatibel sei. Die Türkei könnte also das System nicht in das Netzwerk der Nato-Verteidigungssysteme einschalten. Zum anderen befürchten die Amerikaner, mit der russischen S-400-Software könnten Nato-Waffen ausspioniert werden. Es geht hier vor allem um den hochmodernen Kampfjet F-35, den auch die Türkei kaufen will. Die USA drohen bereits, die Türken aus dem Beschaffungsprogramm auszuschliessen.

Das Raketenabwehrsystem S-400 rollt am Tag des Sieges am 9. Mai 2019 über den Roten Platz in Moskau.
Legende: Das Raketenabwehrsystem S-400 rollt am Tag des Sieges am 9. Mai 2019 über den Roten Platz in Moskau. Keystone/Archiv

Bereits im Juli soll es erste S-400-Lieferungen geben. Warum riskiert Erdogan die Konfrontation?

Ein wichtiger Grund ist, dass die Türkei sich selbst als Regionalmacht versteht, die ihre eigenen Interessen verfolgt, die nicht immer mit jenen der westlichen Partner übereinstimmen müssen. Zudem ist Erdogan persönlich überzeugt, dass er das Problem im direkten Kontakt mit US-Präsident Trump lösen kann. Ungeachtet der grossen Bedenken in den US-Fachministerien und der Stimmung im US-Kongress.

Wie reagieren die Nato-Bündnispartner?

Innerhalb der Allianz ist eine gewisse Irritation zu spüren. Offiziell kann in der Nato jedes Land die Waffen kaufen, die es will. Allerdings gibt es die ungeschriebene Regel, dass das einigermassen miteinander übereinstimmen sollte.

Offiziell kann jedes Nato-Land die Waffen kaufen, die es will. Es gibt aber eine ungeschrieben Regel.
Autor: Thomas Seibert Journalist, Istanbul

Die Nato würde auf jeden Fall geschwächt, wenn die Türkei aus dem Netzwerk der Luftverteidigung von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer herausfällt. Die Türkei hat im Moment nicht den besten Ruf bei den westlichen Partnern. Es wäre ein weiterer Schlag für das Image des Landes.

Viele Türken sind stolz, Teil der Nato zu sein. Wie kommen die Provokationen des Präsidenten in der Bevölkerung an?

Das kommt ziemlich gut an, denn noch grösser als der Stolz auf die Nato ist in der Türkei über alle Parteigrenzen hinweg der Anti-Amerikanismus. Erdogan präsentiert sich als Sachwalter türkischer Interessen gegen ungerechte Ansprüche aus Amerika.

Wo führt das hin, wenn Erdogan mit der grösseren Nähe zu Putin die Schwächung der Nato riskiert?

Wie es aussieht, könnte es in einer Sackgasse enden. Auf der einen Seite hat Erdogan den Riesenkrach mit den Amerikanern und muss Sanktionen gewärtigen, wenn die S-400-Lieferungen beginnen. Auf der anderen Seite verärgert er die Russen, falls er doch noch auf einen Kauf verzichten sollte. Das könnte der Türkei im Syrienkonflikt schaden, wo sie auf die Zusammenarbeit mit Russland angewiesen ist. Die Türkei hat zurzeit keine guten Optionen.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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