Zur Erinnerung: Es war der damalige Premierminister Boris Johnson, der auf die Idee kam, illegale Migrantinnen und Migranten nach Afrika zu entsorgen. Dass die Flugzeuge nach Ruanda wohl eher auf der Rollbahn bleiben, war absehbar. Als potemkinsche Politshow für die konservative Wählerschaft war die Idee aber alleweil gut.
Die kleinen Boote auf dem Ärmelkanal zu stoppen und illegale Einwanderer nach Ruanda auszufliegen, blieb deshalb auch unter Rishi Sunak eines der grossen Wahlversprechen. Für dieses scheute die britische Regierung keine Kosten. Rund 300 Millionen Franken hat London bis jetzt an die Regierung nach Kigali überwiesen. Pro Kopf rechnet man mit Ausschaffungskosten von rund 200'000 Franken.
Gericht hebelt Pläne aus
«Gecancelt» wurden die Flüge nach Ruanda aber unlängst nicht etwa vom Schatzkanzler, sondern vom Obersten Gericht. Dieses kam zum Schluss, die Ausschaffung verstosse gegen Internationales Recht. Zudem sei die Unabhängigkeit der Justiz in Ruanda nicht garantiert. Der Supreme Court ist nicht das erste Gericht, welches die Pläne der britischen Regierung aushebelt. Was zur Folge hat, dass bis heute mehr britische Minister nach Ruanda geflogen sind als illegale Migrantinnen und Migranten.
Um dies zu justieren, hat Premierminister Rihsi Sunak nun eine neue Idee aus dem Hut gezaubert. Per Gesetz soll das Parlament heute die ostafrikanische Entwicklungsdiktatur zum sicheren Rechtsstaat erklären. Die Tatsache, dass Grossbritannien den totalitären Kleinstaat in den vergangenen Jahren mehrfach wegen Menschenrechtsverletzungen öffentlich kritisiert hat, würde damit vaporisiert. Jedes Gericht müsste sich an die gesetzlich verordnete Umschreibung der Realität halten.
Verstoss gegen Gewaltentrennung
Ebenso gut könnte das Parlament beschliessen, dass Katzen fortan Hunde seien, erklärte vor wenigen Tagen ein ehemaliger britischer Richter. Das britische Bingham Institut für Rechtsstaatlichkeit kommt zum Schluss, dass eine solche Instruktion ein Verstoss gegen die Gewaltentrennung darstellen würde.
Moderaten Konservativen geht die Gesetzesvorlage deshalb eindeutig zu weit. Dem rechtskonservativen Flügel ist Sunaks Gesetz aber immer noch zu lasch, solange Migranten und Migrantinnen noch medizinische, religiöse oder ethnische Gründe geltend machen können, um eine Ausschaffung zu verhindern. Die konservativen Hardliner wollen ohne «Wenn und Aber» endlich ein Flugzeug sehen, das Richtung Afrika abhebt. Dabei geht es längst nicht mehr um eine Lösung, sondern um Symbolik. Dass diese weder zielführend noch menschlich ist, spielt ein Jahr vor den nächsten Wahlen eine untergeordnete Rolle.