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Superlative und Ankündigungen Die Methode Trump

Was als Medienkonferenz angesetzt worden war, wurde zu einem typischen Trump-Auftritt. In seiner Residenz in Mar-a-Lago in Florida setzte Donald Trump zu einem richtungslosen Referat an: über die Anklagen gegen ihn, gegen die Windkraft, seine fixe Idee zu Duschköpfen, aus denen angeblich zu wenig Wasser komme. Und im Nahen Osten werde die Hölle los sein, sollte die Hamas die israelischen Geiseln nicht freilassen.

Trump kam auch auf Geostrategisches zu sprechen: die Idee, Grönland zu kaufen und auf die Forderung – fast schon eine Obsession – der Panamakanal müsse wieder den USA gehören. Auf Nachfrage erklärte Trump, er könne den Einsatz des Militärs nicht ausschliessen, um eine Expansion der USA voranzutreiben.

Sein Auftritt war gespickt mit falschen oder halb wahren Behauptungen und es ist schwierig, herauszulesen, was davon zu konkreten Handlungen führen wird und was Rhetorik ist, um Druck aufzubauen. Ernst zu nehmen ist das allemal, zumal Trump in weniger als zwei Wochen wieder über alle Mittel der US-Präsidentschaft verfügen wird. Nur schon seine Worte haben Wirkung.

Vieles schon da gewesen

All das ist ein Déjà-vu: In seiner ersten Amtszeit versteifte Trump sich auf Ideen, die später versandeten. Manches hat er angeblich aufgeschnappt, als er Fox News schaute. Die Idee, Grönland zu kaufen, war bereits damals ein Thema. Nun ist eine Art Delegation, angeführt von Trumps Sohn, nach Grönland gereist – vielleicht meint Trump es diesmal ernster.

Denn bei aller Sprunghaftigkeit gibt es Konstanten: Trumps generelles Gefühl, er werde ungerecht behandelt, die USA würden über den Tisch gezogen und würden mit Handelsdefiziten andere Länder finanzieren und sie gleichzeitig militärisch beschützen.

Trumps Skepsis gegenüber engen westlichen Verbündeten ist offensichtlich, eine Art Faszination für autoritäre Herrscher auch. Das dürften wichtige Motive für Trump bleiben. Und die erste Amtszeit lehrt uns, dass er durchaus auch Ernst macht: Er verhängte Zölle, zum Beispiel gegen Kanada, einen engen Verbündeten der USA.

John Bolton, damals der Nationale Sicherheitsberater von Trump, berichtete, Trump sei um ein Haar aus der Nato ausgetreten. In der zweiten Amtszeit dürften wir einen entfesselten Trump erleben. Berater, die ihm drastische Schritte ausreden, werden wohl vielfach fehlen.

Die Schattenregierung Trump

All das wirkt: Viele scheinen Trumps Drohungen ernst zu nehmen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau reiste nach Florida, um hohe Zölle abzuwenden. Er wurde von Trump gedemütigt, als dieser davon sprach, dass Kanada zum US-Bundesstaat werden solle.

CEOs von grossen US-Unternehmen pilgern nach Mar-a-Lago. Elon Musk, der Milliardär, der in der US-Politik sehr einflussreich geworden ist, ist eine Art Dauergast. Es ist nachvollziehbar, dass Trump kurz vor seinem Amtsantritt an Einfluss gewinnt – und doch ist es erstaunlich, wie der amtierende Präsident Joe Biden bereits von der Bildfläche verschwunden ist. Fast scheint es, als würde Trump eine Art Schattenregierung anführen.

Die Drohungen und Provokationen gehören längst zum Repertoire von Donald Trump. Manches davon ist wohl Rhetorik, um sich in eine vorteilhafte Verhandlungsposition zu bringen: Schliesslich sieht Trump sich, der im Immobiliengeschäft von New York gross geworden ist, als den grossen «Deal Maker». Seine Unberechenbarkeit scheint System zu haben. Zusammen mit der Machtfülle des US-Präsidenten und mit der Erfahrung der ersten Amtszeit ergibt das eine potente Mischung, noch vor Trumps Amtsantritt.

Andrea Christen

USA-Korrespondent

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Andrea Christen ist USA-Korrespondent für Schweizer Radio SRF. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter von SRF 4 News und Auslandredaktor. Er arbeitet seit 2010 für SRF.

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Echo der Zeit, 8.1.2025, 18:00 Uhr

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