Was Mike Pence geschafft hat, ist sonst kaum jemanden gelungen: Er war die vollen vier Jahre im Kabinett von US-Präsident Donald Trump. Als gewählter US-Vizepräsident konnte er nicht entlassen werden.
Auf seiner ersten Auslandsreise nach seiner Zeit im Weissen Haus machte Pence gestern am Swiss Economic Forum in Interlaken Station, wie immer mit dem obligaten USA-Pin am Jackett. Der Ex-Vize hörte sich staatsmännisch, charmant, und humorvoll an. Für seine Lobrede auf die Trump-Präsidentschaft erntete er von der versammelten Schweizer Wirtschaftselite Zwischenapplaus.
Wir haben uns daran gemacht, die grösste Wirtschaftsmacht aller Zeiten wiederzubeleben. Und es hat funktioniert.
«Wir haben uns daran gemacht, die grösste Wirtschaftsmacht aller Zeiten wiederzubeleben. Und es hat funktioniert», resümierte er. Aber die Trump-Administration habe nicht nur die Wirtschaft revitalisiert. Dank ihr seien auch in Rekordzeit Corona-Impfstoffe entwickelt worden.
Auch in Afghanistan habe die Trump-Regierung mit den Taliban einen geordneten Rückzug der US-Truppen ausgehandelt. Erst unter dem derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden sei dieser Abzug zum Desaster, ja zur eigentlichen Kapitulation verkommen. Ähnliches hatte er zuvor auch auf Twitter geäussert.
Amtsenthebungsverfahren blieben unerwähnt
Das Bild, das Pence von der Trump-Präsidentschaft zeichnete, war nicht nur rosig, sondern auch unvollständig. Unerwähnt blieben etwa die hunderttausenden Coronatoten oder die zwei Amtsenthebungsverfahren.
Zumindest in der Öffentlichkeit hält Mike Pence immer noch zu Trump. Daran hat auch der 6. Januar nichts geändert. Der damalige Präsident hatte seinen Anhängern eingeredet, Joe Biden habe das Präsidentschaftsrennen nur dank eines Wahlbetrugs gewonnen. Einzig sein Vize könne die Verifizierung der Wahl im Kongress noch verhindern.
Kurz darauf stürmte ein wütender Mob das Kapitol in Washington. «Hängt Mike Pence», skandierten einige der Teilnehmer. Dennoch verifizierte Pence kurz darauf die Wahl von Joe Biden.
Inmitten der Pandemie kam es bei der Wahl zu Unregelmässigkeiten.
Wer Pence heute fragt, ob bei der Präsidentschaftswahl betrogen worden sei, erhält keine eindeutige Antwort. «Inmitten der Pandemie kam es bei der Wahl zu Unregelmässigkeiten», sagte er. Aber es sei nun mal in der Verfassung vorgeschrieben, dass der Kongress die Resultate aus den Bundesstaaten verifizieren müsse.
Republikaner immer noch im Banne Trumps
Pences Auftritt zeigt, dass die Republikanische Partei immer noch im Banne Trumps steht. Wer politische Ambitionen hegt, sollte es sich mit der Basis nicht verscherzen und sich nicht öffentlich gegen den Ex-Präsidenten stellen. Das ist womöglich auch das Kalkül von Mike Pence.
Es wird vermutet, der tief religiöse Konservative trete vielleicht im Jahr 2024 zur Präsidentschaftswahl an. «Ich halte sie auf dem Laufenden», antwortet er, wenn man ihn darauf anspricht. Er tönt wie ein Mann, der sich alle Optionen offen hält.