Raketen, Artillerie und Kampfflugzeuge: Syrische Regierungstruppen sollen am frühen Mittwochmorgen die Region Ghuta, nahe von Damaskus angegriffen haben. Von 1300 Opfern ist inzwischen die Rede. Dies teilte ein Vertreter der oppositionellen Nationalen Syrischen Allianz mit.
Die Opposition behauptet, beim Angriff hätten Regierungstruppen Giftgas eingesetzt. Als Beleg veröffentlichten Aufständische auf Youtube Videos, welche den Giftgaseinsatz belegen sollen.
Die Regierung bestätigt die Angriffe, bestreitet aber den Einsatz von Chemiewaffen: «Die TV-Kanäle, die an dem Blutvergiessen in Syrien und der Unterstützung des Terrorismus beteiligt sind, veröffentlichen diese Berichte, die frei erfunden sind.»
Ahmad Dscherba, der Chef der syrischen Opposition, forderte inzwischen den UNO-Sicherheitsrat dazu auf, aufgrund des «Massakers» eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen. Der britische Aussenminister William Hague hat angekündigt, sein Land werde die Vorfälle im Sicherheitsrat erörtern. Er sei «zu tiefst beunruhigt» über die Berichte.
Keine Bestätigung von unabhängiger Seite
Weder die Angaben der Regierung noch die der verschiedenen Oppositionsgruppen konnten bisher von unabhängiger Seite überprüft werden.
In Damaskus halten sich zurzeit Chemiewaffen-Experten der UNO auf. Sie haben den Auftrag, herauszufinden, ob im Bürgerkrieg auch Giftgas eingesetzt wurde.
Der Journalist Kurt Pelda war im Juni in Syrien: «Es ist ein grosser Zufall, dass gerade in dem Moment Bilder auftauchen, in dem die UNO-Chemiewaffen-Experten endlich nach langen Verhandlungen in Syrien eingetroffen sind.»
Die Videos sind für den Journalisten keine Beweise für einen Giftwaffen-Einsatz. Die Bilder könnten Fälschungen oder älteren Datums sein, so Pelda. «Allerdings handelt es sich im Vergleich mit früheren Fällen offensichtlich um eine grosse Anzahl von Toten.»
«Ich bin überzeugt»
Es gibt im Syrien-Konflikt bisher keine schlüssigen Beweise, dass Giftgas eingesetzt wurde. «Es gibt aber viele Indizien», sagt Pelda. Er selbst ist überzeugt, dass Giftgas eingesetzt wurde. «Zwei Journalisten von der Zeitung Le Monde, darunter ein Freund von mir, dessen Integrität ich schätze, sagen, sie hätten in Syrien persönlich Giftgas-Einsätze miterlebt.»
Die UNO-Inspektoren, die derzeit in Syrien die Giftgas-Einsätze untersuchen sollen, dürfen indes nur drei Ortschaften besuchen, die vorher festgelegt wurden. Obwohl die Angriffe, die sie untersuchen sollen, schon Monate zurückliegen, besteht eine Hoffnung auf Klärung.
«Wenn sie Überreste von Giftgas finden, dann können sie anhand der Zusammensetzung herausfinden, aus welchem Land das Sarin stammt. Ob es vom Iran, von Russland oder von Nordkorea kommt», so Pelda.