- Deutschland feiert den Tag der Einheit. Vor 31 Jahren vereinigte sich die DDR mit der Bundesrepublik.
- In Halle an der Saale fanden Feierlichkeiten im Beisein von Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Steinmeier statt.
- Merkel forderte am Festakt einen andauernden Einsatz für die Demokratie.
«Demokratie ist nicht einfach da. Sondern wir müssen immer wieder für sie miteinander arbeiten, jeden Tag», sagte die CDU-Politikerin. Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) warb für gemeinsame Projekte, um Ost und West zusammenzuführen, denn: «Mental und strukturell ist die Einheit noch nicht vollendet».
Der Osten Deutschlands hinkt dem Westen wirtschaftlich noch immer hinterher, trotz milliardenschwerer Investitionen und grosser Fortschritte im Zusammenleben. Die Einkommen und Renten sind in den beiden Teilen unterschiedlich. So verdienten Vollzeitbeschäftigte 2019 in den östlichen Bundesländern nach Angaben der Bundesregierung im Mittel knapp ein Viertel weniger als in den westlichen. Der Rentenwert soll erst 2024 gleich sein.
Vor Spaltung gewarnt
Bei einem Gottesdienst zum Auftakt der Feiern in Halle mahnte der katholische Bischof Gerhard Feige zu einer «Kultur der Wachsamkeit». Populistischen Kräften müsse man kritisch und widerständig begegnen, sagte er. Komplizierte Probleme liessen sich nicht mit «hohlen Phrasen oder markigen Parolen» lösen.
Gerade in Ostdeutschland geniesst die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) Popularität. Bei den Bundestagswahlen letzten Sonntag war die Partei in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Sachsen stärkste Kraft geworden, während sie im Westen vielerorts schwächer wurde und nur einstellige Stimmenanteile hatte.
Bundeskanzlerin Merkel sagte, manchmal werde mit den demokratischen Errungenschaften etwas zu leichtfertig umgegangen. In dieser Zeit seien zusehends Angriffe auf so hohe Güter wie die Pressefreiheit zu sehen. Zu erleben sei eine Öffentlichkeit, in der mit Lügen und Desinformation Ressentiments und Hass geschürt würden. «Da wird die Demokratie angegriffen», sagte Merkel. Der gesellschaftliche Zusammenhalt stehe auf dem Prüfstand.
Mental und strukturell ist die Einheit noch nicht vollendet
Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und derzeit Präsident des deutschen Bundesrats, sagte: «Es bestehen nach wie vor zum Teil grosse politische Unterschiede zwischen Ost und West.» Das habe sich zuletzt im Wahlverhalten bei der Bundestagswahl gezeigt. Haseloff erinnerte an die Brüche, die viele ehemalige Bürger der DDR nach der Vereinigung zu verkraften hatten, vor allem den Verlust von Arbeitsplätzen.
Auch die beiden Kanzlerschaftsanwärter Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) waren in Halle. Scholz schrieb vorab auf Twitter: «Heute sind wir ein Land, trotzdem bleibt viel zu tun – wir brauchen gleiche Gehälter, Renten, Perspektiven. Das schaffen wir nur, wenn wir auf Gemeinsamkeiten setzen.»
Wegen der Pandemie fehlte das bis 2019 übliche Bürgerfest, ähnlich wie schon 2020 in Potsdam. Jedoch waren mehrere Demonstrationen angemeldet. Die Polizei hatte bis zu 2600 Beamte im Einsatz. Ein Bündnis gegen Rechts hatte darauf hingewiesen, dass rechte Gruppierungen vor den Feierlichkeiten ihre Anhänger mobilisierten. Zunächst versammelten sich rund 500 Menschen zu einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus. Zwischenfälle wurden zunächst nicht bekannt.