Die Technologie-Giganten aus dem Silicon Valley müssen diese Woche vor dem US-Kongress Red und Antwort über ihre Geschäftsmodelle stehen. Anhörungen zum Umgang mit Nutzerdaten stehen in Senat und Repräsentantenhaus an. Mit Spannung werden die Aussagen von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu den Datenmissbräuchen während der Präsidentschaftswahlen 2016 erwartet. Doch was kommt danach? Fragen an den Technologie-Experten Bret Swanson von der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute.
SRF News: Manche Kommentatoren sagen, die Zeit der Unschuld im Silicon Valley sei vorbei. Gab es diese Zeit überhaupt?
Auf jeden Fall. Bei den Präsidentschaftskampagnen von 2008 und 2012 wurde Facebook noch als innovatives neues Instrument der Demokratie und als Mittel für die Wählermobilisierung gefeiert. Das ist eine ziemliche Ironie angesichts der heutigen Situation. Klar, die Technologie ist ausgefeilter geworden und die Datenbanken sind gewachsen. Aber was jetzt auf der politischen Agenda ist, spielt sich schon seit langem ab.
Mit Edward Snowden wurde bekannt, das Tech-Firmen den US-Geheimdiensten Zugang zu Kundendaten verschafften. War das der Sündenfall?
Sicherlich haben damals einige Leute ihre Meinung über Silicon Valley geändert. Allerdings glaube ich nicht, dass die Empörung zum Normalbürger in einer breiten Öffentlichkeit durchgedrungen ist. Einige Datenschutzaktivisten und einige Politiker waren überrascht und wurden skeptischer. Aber für die meisten Menschen kam der Wendepunkt erst später, doch vielleicht war die Snowden-Affäre ein Vorbote.
Meinen sie mit dem Wendepunkt die fast 90 Millionen Facebook-Kundendaten in den Händen von Polit-Vermarktern bei den letzten Präsidentschaftswahlen?
Genau. Damit hat sich die Stimmung in der Politik um 180 Grad gedreht. Und wie immer in der Politik ist die Wahrnehmung die Wirklichkeit. Nun bewegen sich alle in die andere Richtung, und man darf annehmen, dass das anhält und dass es auch neue Gesetze geben wird.
Facebook-Chef Zuckerberg hat schon vor der Anhörung seine Naivität bezüglich Datensicherheit eingeräumt. Ist das glaubwürdig?
Ich glaube, dass er das ernst meint und sich der Dimensionen und Implikationen im Einzelnen nicht bewusst war. Er dachte, Facebook verbinde Menschen und tue Gutes. Da hatte er ja auch recht, doch es gab eben auch diesen toten Winkel. Es ist zugleich glaubhaft, wenn Facebook erklärt, man habe sich aufs Wachstum konzentriert und deshalb Probleme nicht gesehen oder sich aus Zeitgründen nicht damit beschäftigen können.
Wird der US-Kongress nun Facebook regulieren?
Die staatlichen Konsumentenschützer haben bereits Mittel, um einzugreifen. Eine Untersuchung läuft. Seit einem Jahrzehnt beschäftigt der Datenschutz in der digitalen Welt, und Strafen wurden schob ausgesprochen. Bezüglich Transparenz dürfte der Kongress wohl jetzt etwas unternehmen und die Nutzerrechte wie Konzernpflichten klären. Obwohl ich Regulierungen skeptisch betrachte, so muss etwas geschehen. Denn viele Bundesstaaten arbeiten an eigenen Gesetzen zum Schutz der Privatsphäre im globalen Handelsraum des Internets. Der Kongress muss intervenieren und nationale Regeln schaffen.
Die Demokraten behaupten, Facebook habe Trump zum Präsidentenamt verholfen. Hat das hochpolitische Thema Chancen?
Ja, es ist hochpolitisch, aber für beide Parteien und es gibt noch andere interessante Aspekte: Silicon Valley stand lange den Demokraten sehr nahe, die Republikaner wollten es immer für sich gewinnen. Denn sie waren fasziniert vom Unternehmertum und von der Innovationskraft. Aber es gab diesen kulturellen Graben. Jetzt nehmen beide Parteien Silicon Valley in die Mangel: Die Demokraten sorgen sich über Machtmonopole und Diskriminierungen. Die Republikaner ihrerseits sind nicht sehr motiviert, Silicon Valley zu Hilfe zu eilen.
Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.