Einen Tag nach dem Putsch in Thailand hat die Armeeführung die ehemalige Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra festgenommen. Neben Yingluck befänden sich auch ihre Schwester und ihr Schwager in Gewahrsam, sagte ein ranghoher Militärvertreter der Nachrichtenagentur Reuters.
Die beiden Verwandten hatten wichtige Posten in der politischen Führung unter Yingluck. Alle drei würden in spätestens einer Woche wieder auf freien Fuss kommen, sagte der Militärvertreter weiter.
«Ich höre viele Gerüchte dazu, aber wenig gesicherte Informationen», sagte SRF-Korrespondentin Ruth Bossart in der «Tagesschau». Das Vorgehen des Militärs schaffe ein Klima der Verunsicherung und Angst – vor allem unter den Anhängern von Yingluck Shinawatra.
Putsch ohne Waffengewalt
Armeechef Prayuth Chan-ocha, der Vorsitzende des Militärrats, hatte zuvor die Regierungsverantwortung als Leiter eines «Nationalen Friedenskomitees» übernommen. Das gelte, so lange kein neuer Ministerpräsident im Amt sei, teilte die Armee mit.
«Es wird vermutet, dass der Junta-Chef versucht, seine Positionen vom König absegnen zu lassen und so mehr Legitimität zu erhalten», sagte Bossart. Dann wird er vermutlich schon bald einen Fahrplan vorlegen müssen, wie es weitergeht.
Denn bisher weiss keiner, wann ein neuer Regierungschef ernannt werden soll oder wann es Wahlen gibt. Von einer baldigen Rückkehr zur Demokratie war in den ersten Dekreten keine Rede. Armeechef Prayuth hatte die Macht am Donnerstag ohne Waffengewalt übernommen. Vermittlungsgespräche zwischen den zerstrittenen politischen Lagern waren gescheitert.
Keine Ausreise-Erlaubnis
Der Militärrat bestellte mehr als 100 Politiker und Aktivisten ein. Ob alle festgenommen werden sollten, ist unklar. Wie Medien berichteten, stellte sich unter anderem Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan, der nach der Verkündung des Putsches zunächst untergetaucht war.
Insgesamt 155 Mitglieder der rivalisierenden politischen Lager dürften das Land vorerst nicht ohne Erlaubnis verlassen, teilte ein Armeesprecher mit. Ziel der Massnahme sei es, Frieden und Ordnung aufrecht zu erhalten. Nach Einschätzung von Experten will die Militärführung mit den Ausreiseverboten verhindern, dass im Ausland eine Exil-Regierung aufgebaut wird.
Vermittlung wird zur Machtübernahme
Zahlreiche Politiker und Aktivisten sind bereits in Armeegewahrsam. Einige der seit Donnerstag inhaftierten Politiker wurden unterdessen wieder freigelassen, darunter Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva.
In Gewahrsam bleiben die Protest-Anführer – von Seiten der Regierungsgegner Suthep Thaugsuban, bei den Regierungsanhängern, den Rothemden, Jatuporn Prompan.
Bisher keine Unruhen
Nach dem Putsch hat das Militär auch die Kontrolle über die Fernsehsender übernommen. Statt des normalen Programms gibt es nur ein Standbild des «Nationalen Friedenskomitees» zu sehen. Versammlungen mit mehr als fünf Personen sind verboten.
Die Lage in der Millionenmetropole Bangkok war ruhig. Über Nacht galt im ganzen Land eine Ausgangssperre. Auf den Strassen der Innenstadt waren kaum Soldaten zu sehen. Schulen und Universitäten waren geschlossen. Die notorisch verstopften Strassen waren leerer als sonst.
«Man kann durchaus nach Thailand reisen und nicht so viel von dem Putsch mitbekommen», schildert Ruth Bossart die aktuelle Lage. Aber wer in das Land reist, sollte nicht vergessen, dass es eine Ausgangssperre gibt. Die gelte für das ganze Land. «Das heisst, abends um zehn muss jeder wieder zu Hause oder im Hotel sein.»