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International Thailands Armee setzt die Verfassung ausser Kraft

Monatelang hat Thailands Armeechef versucht, Opposition und Regierungsanhänger an einen Tisch zu bringen. Vergebens. Die Situation im Land ist so verfahren, dass ein Kompromiss gar nicht in Sichtweite kam. Nun hat die Armee Fakten geschaffen: Sie übernahm die Regierungsgewalt.

Wenige Stunden nach ihrem Putsch hat Thailands Armee die Verfassung des Landes ausser Kraft gesetzt. Das Militär forderte die bisherige politische Führung des Landes auf, sich in die Hände der Sicherheitskräfte zu begeben. Armeechef Prayuth Chan-ocha setzte sich an die Spitze eines neu geschaffenen Militärrates, der von nun an die Macht im Lande innehat.

Ein Sprecher dieses so genannten Rates für nationalen Frieden und die Aufrechterhaltung der Ordnung sagte, Thailand bleibe eine Demokratie mit dem König als Staatsoberhaupt. Der Senat sowie alle Gerichte sollten ebenfalls weiterarbeiten.

Thailändische Medien berichteten, dass der bisherige Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan untergetaucht sei. Die US-Botschaft in Bangkok wies aber per Twitter Gerüchte zurück, dass er in die diplomatische Vertretung geflüchtet sei. Niwatthamrong war erst seit gut zwei Wochen im Amt, nachdem das oberste Gericht Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra am 7. Mai wegen Verfassungsbruch abgesetzt hatte.

«Dem Land Einigkeit bringen»

Die Armee hatte am frühen Abend (Ortszeit) die Regierungsgewalt in Thailand übernommen – nach monatelangen politischen Turbulenzen im Land. Ein letztes Versöhnungsgespräch zwischen den beiden zerstrittenen politischen Lagern war zuvor gescheitert.

«Die Armee hat die Macht ergriffen, um die politischen Institutionen zu reformieren und unserem Land wieder Einigkeit zu bringen», sagte Armeechef Prayuth. Beide Seiten hätten sich nicht einigen können, die Sicherheit sei angesichts der Gewalt am Rande der Protestaktionen der Regierungsgegner in Bangkok nicht mehr gewährleistet gewesen.

Die Machtergreifung der Armee verlief ohne Waffengewalt. Im Stadtbild von Bangkok habe sich seit der Ankündigung der Armee kaum etwas verändert, schildert der freie Journalist Alexander Grawe in Bangkok der «Tagesschau» von SRF die Lage.

Ausgangssperre im ganzen Land

Chronolgie

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Anti-Regierungs-Demonstranten in thailändischen Farben recken Fäuste in den Himmel
Legende: Keystone

Seit das Militär 2006 Regierungschef Thaksin Shinawatra aus dem Amt putschte, kommt Thailand nicht zur Ruhe. Eine Chronologie der Ereignisse finden Sie hier .

Bis auf weiteres gilt im ganzen Land zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr eine Ausgangssperre. Zudem wurden Radio- und Fernsehstationen angewiesen, ihr normales Programm zu unterbrechen und bis auf weiteres nur noch Inhalte der Armee auszustrahlen. Das Kriegsrecht, das die Armee bereits am vergangenen Dienstag verhängt hatte, bleibt in Kraft. Es erlaubt Soldaten unter anderem, Kundgebungen zu stoppen und Menschen ohne Haftbefehl festzunehmen.

Anführer der Regierungsanhänger, der sogenannten Rothemden, riefen ihre Leute auf, den Anweisungen der Armee Folge zu leisten. Die Rothemden hatten für den Fall, dass die 2011 demokratisch gewählte Regierung gestürzt wird, immer wieder mit Massendemonstrationen gedroht.

Wo sind die Anführer beider Lager?

Unklar ist noch, wo die Anführer der beiden Protestbündnisse sind. Sie hatten an der jüngsten Verhandlungsrunde mit Prayuth teilgenommen. Nach Angaben von Augenzeugen wurden die Teilnehmer von Soldaten abgeführt und zu einem Armeestützpunkt gebracht. Der zuletzt amtierende Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan hatte an den Gesprächen nicht teilgenommen. Wo er sich aufhält, ist ebenfalls offen.

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Hintergrund des Putsches ist der anhaltende Machtkampf zwischen dem Regierungslager und seinen Gegnern. Das ausserparlamentarische Bündnis «Demokratisches Reformkomitee des Volkes» (PDRC) versucht seit November, die Regierung mit Massendemonstrationen in die Knie zu zwingen. Sie wirft ihr Verschwendung, Korruption und Machtgier vor und sieht den 2006 gestürzten Regierungschef Thaksin Shinawatra als Wurzel allen Übels. Dieser lenkt die Regierungspartei aus dem Exil.

USA überprüfen Militärhilfe

Die USA haben die Machtübernahme durch die Militärs in Thailand verurteilt. «Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Putsch», sagte Aussenminister John Kerry. Er forderte die sofortige Wiedereinsetzung einer zivilen Regierung. Er sei besorgt über die Inhaftierung hoher Funktionäre der grossen Parteien und verlange deren Freilassung.

Die USA haben auch die militärische Zusammenarbeit mit Thailand sistiert. Davon betroffen sei auch ein Manöver, an dem zurzeit 700 US-Marines beteiligt seien, verlautete aus dem Verteidigungsministerium.

Reisehinweis des EDA

Das Schweizer Aussendepartement aktualisiert für Thailand die Reisehinweise. So sollen Reisende den Anweisungen (z.B. Ausgangssperren) der thailändischen Sicherheitskräfte Folge leisten. Das EDA rät allen Thailand-Reisenden, sich über die Medien über die weiteren Entwicklungen informiert zu halten.

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