Silvio Berlusconi betrat das grosse Feld der italienischen Politik zu jenem Zeitpunkt, als andere es verliessen. 1994. Die Democrazia Cristiana, die lange regierenden Christdemokraten, waren eben im Korruptionssumpf untergegangen. Die Kommunisten hatten sich schon zuvor selbst aufgelöst.
In diesem Jahr also schlug die Stunde des Unternehmers. «Italien ist das Land, das ich liebe. Hier habe ich meine Wurzeln, meine Hoffnungen, meine Horizonte», sagte er, damals noch geradezu futuristisch, in einer Videobotschaft. Er steige in die Politik ein, weil er das Land nicht antiliberalen, unreifen Kräften überlassen wolle. Gemeint waren die Kommunisten, die es damals als Volkspartei freilich gar nicht mehr gab.
Der Medienimperator
Berlusconi brachte einiges mit: Allen voran seine Milliarden und seine Medienmacht, die es ihm erlaubten, von Anfang an omnipräsent zu sein. Dann aber auch die erstaunliche Fähigkeit, nach dem Untergang der Democrazia Cristiana alle Kräfte des versprengten bürgerlichen Lagers unter seiner Führung zu sammeln, während Italiens Linke lange zersplittert blieb.
Etwas half Berlusconi dabei: Er konnte das Blaue vom Himmel versprechen. 2001 unterzeichnete er in einer TV-Show einen Vertrag. Darin versprach er den Italienerinnen und Italienern tiefere Steuern, höhere Renten und weniger Arbeitslose.
Die leeren Versprechen
Diesen Vertrag allerdings hielt Berlusconi nie ein. Denn auch in jenen Jahren, in denen er zwischen 1994 und 2011 vier Regierungen führte, stagnierte Italien. Die Steuern blieben hoch, die Wirtschaft wuchs kaum oder schrumpfte und die Mittelschicht wurde ärmer. Also ausgerechnet jene Leute, die Berlusconi gewählt hatten.
Deshalb stellt sich die Frage, wie er es trotzdem schaffte, die italienische Politik während eines Vierteljahrhunderts zu dominieren. Dabei profitierte er auch davon, dass er wie kein anderer einen direkten Draht zum Volk hatte.
Der Manipulator
Auf viele Italienerinnen und Italiener wirkte der «Cavaliere», wie man ihn nannte, sympathisch. Auch wegen seiner faulen Sprüche und Witze. «Die Linken wollen mich nach Hause schicken, doch das ist gar nicht so einfach, denn ich besitze nicht nur eines, sondern 20 Häuser», gab er etwa zum Besten.
Dass Berlusconi oft genau wusste, was sein Publikum hören wollte, war kein Zufall. Er hatte das nötige Kleingeld, die Volksmeinung von diversen Demoskopen minutiös vermessen zu lassen. Seine Meinung formte er oft aufgrund solcher Umfragen. Daneben vertrat Berlusconi schamlos persönliche Interessen. Zuerst jene seines Medienimperiums.
«Bunga Bunga» und Steuerdelikte
Selbst als Premier kämpfte er in eigener Sache gegen die Justiz, die gegen ihn auch wegen seiner vielen Frauengeschichten ermittelte. In einem von den Behörden mitgeschnittenen Telefongespräch organisierte Berlusconi mit einem Freund eine Party. Berüchtigt wurden solche Feste als «Bunga Bunga». Sie luden Frauen ein, darunter auch Prostituierte. Die Polizei wollte wissen, ob auch Minderjährige unter ihnen waren.
Rechtskräftig verurteilt wurde Berlusconi aber nur einmal – wegen Steuerbetrugs. Dabei befürchteten seine Gegner stets, Berlusconis Kampf gegen die Justiz werde den italienischen Rechtsstaat beschädigen. Rückblickend kann man sagen, dass er auch die Justiz kaum nachhaltig verändert hat.
Unter dem Strich wird von Berlusconi wenig bleiben. Er hinterliess 2011 am Ende seiner Regierungszeit ein Land, das politisch wie wirtschaftlich schwächer geworden war.