US-Präsident Donald Trump zelebrierte seinen Triumph vor laufender Kamera: In seiner Rede an die Nation liess er die Welt wissen, dass die USA unter seiner Führung den Chef der Terrormiliz IS, Abu Bakr al-Baghdadi, in einer Geheimdienstoperation zur Strecke gebracht haben.
Von dieser Darstellung der Ereignisse sind jedoch nicht alle überzeugt. Das russische Verteidigungsministerium lässt ausrichten, dass es bei der Verfolgung und Tötung des Terrorfürsten widersprüchliche Angaben gebe und Zweifel angebracht seien, ob der Tote tatsächlich al-Baghdadi sei.
Zudem machen Verschwörungstheorien die Runde, die USA hätten die Tötung al-Baghdadis inszeniert. In Tat und Wahrheit sei der IS-Chef noch am Leben.
Es gibt also Raum für allerlei Spekulationen. SRF News hat die Informationen, welche die USA freigegeben haben, mit professionellen Forensikern analysiert. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus:
Welche wissenschaftlichen Instrumente stehen der Rechtsmedizin und Forensikern zur Identifizierung von verstümmelten oder stark verzehrten Leichen zur Verfügung? Die drei klassischen Identifizierungsmethoden sind Fingerabdrücke, der Abgleich mit den vorhandenen Zahnunterlagen und ein DNA-Abgleich. Weiter besteht die Möglichkeit einer biometrischen Überprüfung – eine biometrische Identifizierung bei verstümmelten Leichen gestaltet sich aber schwer beziehungsweise ist gar nicht möglich.
Al-Baghdadi soll sich US-Angaben zufolge bei der Flucht vor den Spezialkräften mit einer Sprengstoffweste selbst getötet haben. Dennoch soll die Identität zweifelsfrei bestätigt worden sein. Wie ist das möglich? Selbst US-Präsident Donald Trump räumte während der Pressekonferenz ein, dass vom leblosen Körpfer «nicht mehr viel übriggeblieben» sei. Dieser Umstand spielt aber keine Rolle. Gewebereste, Körperteile oder auch einzelne Bluttropfen würden ausreichen, um eine Zielperson mit einem DNA-Abgleich zu identifizieren, bestätigen Schweizer Forensiker und Rechtsmediziner auf Anfrage von SRF.
Donald Trump spricht davon, dass die US-Spezialeinheiten innert 15 Minuten mittels einem DNA-Abgleich die Identität von al-Baghdadi bestätigen konnten. Wie plausibel ist das? Diese Angaben des US-Präsidenten scheinen übertrieben. In der Vergangenheit benötigten Forensiker mindestens einen Tag, um die Identität einer Leiche zu bestätigen. Mittlerweile gelingt es, diesen Nachweis dank neuester Technik für DNA-Schnelltests in zwei bis drei Stunden zu erbringen. Diese Geräte sind nicht grösser als eine Mikrowelle und deshalb gut in Militärhubschraubern transportierbar. Sowohl die US-Bundespolizei FBI wie auch das Pentagon verfügt über solche Geräte. Ob diese zu Einsatz kamen, ist nicht bekannt.
Die USA haben die DNA des Toten mit konservierten Proben al-Baghdadis abgeglichen. Wie ist die Baghdadi-DNA in die Hände der USA gelangt? Mitte der 2000er Jahre befand sich der IS-Chef in einem US-Gefängnis im Irak – genauer gesagt in Camp Bucca nahe Falluja. Dort könnten die USA al-Baghdadi Fingerabdrücke und DNA-Proben abgenommen sowie Bilder vom Gesicht des Terroristen gemacht haben. Existieren keine solchen Daten kann die Vergleichs-DNA von nahen Verwandten zum Zuge kommen.
Wie lange lassen sich DNA-Proben konservieren? Bei richtiger Lagerung und Kühlung können DNA-Proben jahrzehntelang aufbewahrt werden.