- Die Zahl der weltweit dokumentierten Hinrichtungen ist 2021 um rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Trotzdem ist über die letzten Jahre ein Abwärtstrend zu erkennen.
- Wie bereits in den Vorjahren sind im Amnesty-Bericht keine Angaben zu China, Nordkorea und Vietnam enthalten.
Nach einem Rückgang im Corona-Jahr 2020 ist die Zahl der vollstreckten Todesurteile 2021 wieder stark angestiegen: Amnesty International dokumentierte mindestens 579 Hinrichtungen in 18 Staaten – verglichen mit dem Vorjahr ist das ein Anstieg um 20 Prozent.
Iran richtete 314 Menschen hin
Für den grössten Teil der weltweiten Hinrichtungen war laut dem Amnesty-Jahresbericht zur Todesstrafe 2021 der Iran verantwortlich, wo den Angaben zufolge mindestens 314 Menschen exekutiert wurden – nach 246 im Vorjahr. Dieser Anstieg ist laut Amnesty teilweise darauf zurückzuführen, dass die iranischen Behörden Drogendelikte vermehrt mit der Todesstrafe ahndeten.
In Saudi-Arabien verdoppelte sich die Zahl der Hinrichtungen von 27 im Vorjahr auf 65 im Jahr 2021. Das «zutiefst mangelhafte Justizsystem» habe etwa den jungen Mustafa al-Darwisch zum Tode verurteilt, berichtete Amnesty. Der Angehörige der schiitischen Minderheit wurde beschuldigt, an einem gewalttätigen Protest gegen die Regierung teilgenommen zu haben.
China hält Zahlen unter Verschluss
Wie bereits in den Vorjahren sind im Amnesty-Bericht keine Angaben zu China, Nordkorea und Vietnam enthalten. «Die Regierungen dieser drei Staaten halten Angaben zur Todesstrafe unter Verschluss und behandeln sie als Staatsgeheimnis», erklärte Amnesty zur Begründung. Die Menschenrechtsorganisation geht aber davon aus, dass tausende Hinrichtungen in China und eine beträchtliche Zahl in Nordkorea und Vietnam vollstreckt wurden.
Auch die Zahl der neu verhängten Todesurteile stieg dem Bericht zufolge im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent an: In 56 Staaten wurden demnach mindestens 2052 Menschen zum Tode verurteilt. Amnesty führt den Anstieg zum Teil auf die Lockerung der Corona-Massnahmen zurück, die die gerichtlichen Prozesse zuvor verlangsamt hatten.
Ungeachtet des Anstiegs war die globale Gesamtzahl an Todesurteilen aber die zweitniedrigste seit 2016. Amnesty sieht insgesamt eine Entwicklung hin zu einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe: Die Anzahl an Staaten, von denen bekannt ist, dass sie die Todesstrafe anwenden, blieb demnach das zweite Jahr in Folge auf dem niedrigsten Stand seit der ersten Datenerfassung von Amnesty im Jahr 1979.
Kasachstan, Papua-Neuguinea und Sierra Leone brachten Gesetzesänderungen auf den Weg, die bis Anfang 2022 die Todesstrafe in diesen Ländern beendeten. Ghana, Malaysia und die Zentralafrikanische Republik unternahmen erste Schritte in diese Richtung. In 144 Ländern – mehr als zwei Drittel aller Staaten – ist die Todesstrafe mittlerweile in Gesetz oder Praxis ausser Vollzug gesetzt.
Hinrichtungen in den USA bis auf Weiteres ausgesetzt
Der US-Bundesstaat Virginia schaffte dem Bericht zufolge als 23. Staat – und als erster Südstaat – die Todesstrafe ab. Zudem gab die US-Regierung im Juli bekannt, bis auf Weiteres alle Hinrichtungen auf Bundesebene auszusetzen. 2021 war daher seit 1988 das Jahr mit den wenigsten Exekutionen in den USA.