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Trotz Milliardengewinn Auch Booking.com macht die hohle Hand

Darf die mächtige Buchungsplattform in der Corona-Krise von staatlichen Finanzspritzen profitieren? An dieser Frage scheiden sich die niederländischen Geister.

Um es gleich vorwegzunehmen: Das Milliarden-Unternehmen Booking.com hat nichts Verbotenes getan, als es in den Niederlanden staatliche Unterstützung beantragte. Denn das darf jeder niederländische Betrieb, wenn er wegen der Pandemie mindestens 20 Prozent seines Umsatzes eingebüsst hat.

Trotzdem fegte ein Sturm der Entrüstung über die Deiche, als vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass auch die mächtige Buchungsplattform mit einem Umsatz von 14 Milliarden Euro die hohle Hand macht. Wie kann dieser Tourismus-Gigant es wagen, beim Staat anzuklopfen?

Booking.com profitiert nicht nur vom günstigen Steuerklima in den Niederlanden, sondern hat auch mit dem letztjährigen Gewinn von fünf Milliarden Euro eigene Aktien aufgekauft, um so – zur Freude der Aktionäre – den Aktienkurs hochhalten zu können.

Büro von Booking.com in Amsterdam
Legende: Der Konzern Booking.com ist einer der grössten Arbeitgeber in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam. imago images

Auch der niederländische Sozialminister Wouter Koolmees konnte die Gemüter nicht beruhigen, als er im Fernsehen sagte: Ob Bäckerei, Restaurant oder Grossunternehmen, für alle gälten die gleichen Bedingungen. Das sei in einer solchen Krise leider unvermeidlich.

Ohne Unterstützung geht es nicht

Und all die Kritiker wollen auch nicht hören, was Ökonomen sagen – nämlich, dass viele der 5500 Angestellten von Booking.com in Amsterdam ohne Finanzspritze ihre Stelle verlieren würden. Der Konzern ist einer der grössten Arbeitgeber in der niederländischen Hauptstadt.

Der Konzern selber will auf die Vorwürfe nicht reagieren. In einem Schreiben, das Radio SRF vorliegt, steht:

Wir sind der niederländischen Regierung dankbar für die finanzielle Unterstützung für ein Unternehmen wie das unsere, das schwer durch die Pandemie getroffen wurde.

In einem firmeninternen Video erklärte Konzernchef Glenn Fogel seinen Angestellten, dass der Umsatz der Buchungs-Website seit Ausbruch von Corona um 85 Prozent zurückgegangen sei. Ohne Unterstützung der niederländischen Regierung könne das Unternehmen nicht über Wasser gehalten werden.

Booking.com ist ein grosser internationaler Anbieter mit 18'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weltweit. Das Unternehmen, das 1996 von einem niederländischen Studenten gegründet wurde, ist seit 2005 in amerikanischen Händen. Die Firma wird aber nach wie vor von Amsterdam aus gesteuert. Gleich neben dem Hauptbahnhof lässt der Reisekonzern momentan einen gigantischen Hauptsitz aus Glas bauen.

«Rendez-vous» 24.0'4.2020, 13:00 Uhr gfem; kurn

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