Nicht weniger als 15'000 Menschen feierten am Wochenende in Kopenhagen das erste grosse Openair-Festival. Auf der Halbinsel Refshaleøen, gleich ausserhalb des Alternativstadtteiles Christiania, traten Dutzende von dänischen Bands unter dem Titel «Tilbage til Live» auf – was im übertragenen Sinn als «Zurück zum Leben» verstanden werden kann.
Wir können heute mitteilen, dass bis zum 10. September alle Einschränkungen des öffentlichen Lebens abgeschafft werden.
Die Jungen in Dänemark zögerten nicht lange, nachdem letzte Woche Gesundheitsminister Magnus Heunicke überraschend mitgeteilt hatte, für die sozialdemokratische Regierung des Landes sei die Corona-Pandemie vorbei. «Wir können heute mitteilen, dass bis zum 10. September alle Einschränkungen des öffentlichen Lebens abgeschafft werden», erklärte er an einer Medienkonferenz.
Überraschend, aber typisch
Der Entscheid kam überraschend, weil – wie fast überall in Europa – die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten auch in Dänemark in den letzten Wochen wieder gestiegen ist. Trotzdem ist es typisch für das Land.
In Dänemark nahmen, im Unterschied zum benachbarten Schweden, nicht die Gesundheitsfachbehörden das Zepter in der Coronakrise in die Hand. Die Führung blieb bei der Politik, konkret bei der Minderheitenregierung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.
Die Kopenhagenerinnen und Kopenhagener freuen sich. «Endlich können wir ohne Probleme in den Ausgang gehen und unser normales Leben führen», sagt eine junge Frau in einem Café. Aber sie weist auch darauf hin, dass unter ihren Freunden ein Abkommen besteht, dass sich alle gegen Corona impfen.
Tatsächlich liegt Dänemark mit einer Impfquote von fast 86 Prozent unter der erwachsenen Bevölkerung weit oben im europäischen Durchschnitt. Zudem wurden Massnahmen wie die Zertifikatspflicht bereits im Frühjahr dieses Jahres eingeführt. Seither konnte nur zum Coiffeur oder ins Restaurant, wer den elektronischen Corona-Impfpass vorlegen konnte.
Das forsche Vorgehen der dänischen Regierung hat in der Vergangenheit immer wieder auch für Kritik gesorgt. Zum Beispiel als im letzten Jahr nach einem Corona-Ausbruch in einer Nerzfarm sämtliche fast 20 Millionen Nerze des Landes in einer gesetzlich ungenügend abgestützten Aktion getötet werden mussten – und Tausende von Menschen ihre Existenzgrundlage verloren.
Jetzt aber – in diesen schönen Spätsommertagen – freut sich das Land über die wiedergewonnenen Freiheiten. Auch wenn die Politik wieder einmal schneller handelte, als dies die staatlichen Gesundheitsbehörden gerne gesehen hätten, sagt der Epidemiologe Lars Østergaard am Århuser Spital.
Das Virus ist noch nicht verschwunden. Jetzt gilt es, im zurückgewonnenen Alltag mit Corona leben zu lernen.
«Das Virus ist noch nicht verschwunden. Jetzt gilt es, im zurückgewonnenen Alltag mit Corona leben zu lernen», betont der Arzt und hofft, dass nun das Impfprogramm auch auf alle Schulkinder ausgedehnt werden kann. Zudem empfiehlt er, die landesweite Infrastruktur zum Testen aufrechtzuerhalten.
Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob Dänemark auf dem richtigen Weg ist.