- Der Fraktionschef der Demokraten kämpft gegen Trumps Dekretismus – und um Obamas Vermächtnis.
- Trotz stürmischen ersten Wochen: Schumer sieht mittelfristig Ansatzpunkte für eine konstruktivere Politik.
- Ein Trumpsches Zeichen der «Anerkennung»: Der US-Präsident hat bereits einen Spitznamen für seinen Kontrahenten.
Chuck Schumer ist das, was Präsident Donald Trump nie werden wollte: ein Berufspolitiker. Gleich nach dem Jurastudium der erste Wahlsieg und seit 1980 im US-Kongress. Der Mann mit der Lesebrille und dem nach hinten gekämmten Haar lebt für die Politik. Jahrzehntelang wohnte er unter der Woche zusammen mit anderen Politikern in einer WG in der Nähe des Kapitols.
«Für mich sind die politischen Freunde eine zweite Familie», sagt der Senator und Vater von zwei erwachsenen Töchtern. Er verbringt zudem gerne Zeit mit seinem Stab und freut sich diebisch, wenn er Angestellte miteinander verkuppeln kann – bis jetzt hat das zu 13 Ehen geführt.
Seit Anfang Jahr ist Schumer Fraktionschef und damit einer der wichtigsten Demokraten – in einer für die Partei schwierigen Zeit: «Die Demokraten sind von der Wahlniederlage überrascht worden», gab der 66-Jährige im Senatssaal zu.
Der Kampf um Obamas Vermächtnis
Nun gelte es das politische Vermächtnis von Präsident Barack Obama zu verteidigen, die Politik Trumps zu bekämpfen und der Mittelklasse ein besseres Alternativprogramm anzubieten: «Kein einfacher Job, wenn man in der Minderheit ist», sagt Schumer.
Tatsächlich: Ohne Hilfe einiger Republikaner können Schumer und seine Demokraten den Erlass von Gesetzen und die Besetzung wichtiger Amtsstellen nicht verhindern, sondern im besten Fall verzögern. Das haben sie in den letzten Tagen versucht, mit mässigem Erfolg.
Schumer glaubt, dass die Republikaner und sogar der Präsident nach einer Weile mit den Demokraten zusammenarbeiten wollen. Zum Beispiel bei den Infrastrukturausgaben. Der New Yorker ist zu lange im Geschäft, als dass er Gespräche mit dem politischen Gegner verweigern würde.
Der linke Parteiflügel findet denn auch, Schumer trete zu wenig kämpferisch auf. Andere kritisieren, der Senator suche zu sehr die Kameras. Bei einem Auftritt zum temporären Einreisebann für Flüchtlinge kamen Schumer sogar die Tränen: Die Massnahme sei engherzig und unamerikanisch, kritisierte er.
Präsident Trump reagierte blitzschnell. Er frage sich, wer Schumers Schauspiellehrer sei, schrieb er auf Twitter, und er gab ihm den Spitznamen «Fake Tears» – «falsche Tränen». Mit anderen Worten: Trump nimmt seinen Gegenspieler ernst. Denn einen Spitznamen bekommt nicht jeder vom neuen Präsidenten.