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Trumps «Ukraine-Friedensplan» Bei der Nato hängt der Haussegen schief

Es gab bei der Nato schon erspriesslichere Ministertreffen. Während US-Präsident Donald Trump vage Friedensverhandlungen mit Russland ankündigt, erklärt sein Verteidigungsminister, zu was die Amerikaner künftig noch Hand bieten werden. Und vor allem: zu was nicht. Für die Ukraine ist das beängstigend. Für die europäischen Nato-Partner irritierend.

Überrascht sein konnte niemand. Doch unerfreulich bleibt es. Selbst wenn das Schlimmste aus Sicht der Nato, nämlich ein Austritt der USA, momentan kein Thema mehr scheint. Der neue Pentagonchef Pete Hegseth erklärte auf dem Verteidigungsministertreffen vielmehr, die Allianz könne noch während Generationen fortbestehen. Allerdings nannte er gleich den Preis, einen extrem hohen Preis. Nämlich, dass die Nato-Partner, wie US-Präsident Donald Trump forderte, fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts in ihre Verteidigung stecken.

Die USA kommen dem Kreml entgegen

Fünf Prozent des Bruttoinlandprodukts in ihre Verteidigung zu stecken, ist ein völlig illusorischer Wert. Aus militärischer Sicht kaum zu begründen, finanzpolitisch unmöglich zu schaffen. Nato-Generalsekretär Mark Rutte spricht von – immer noch überaus ehrgeizigen – mindestens drei Prozent. Der mutmassliche künftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz wiederum nennt eine noch weit niedrigere Zahl, nämlich mehr als zwei Prozent.

Noch mehr Aufsehen und Unmut erregte, wie Hegseth am Nato-Hauptsitz einen Frieden für die Ukraine skizzierte. Sichtbar wird dabei, wie weit Trumps Regierung bereit ist, den Russen entgegenzukommen. Zwar ist die Rede von einer souveränen Ukraine. Ansonsten machen die Amerikaner indes vor allem klar, was für sie nicht infrage kommt. Nein, so Hegseth zur Wiederherstellung der völkerrechtlich anerkannten Grenzen. Nein zu einer Nato-Mitgliedschaft. Während Präsident Joe Biden jeweils eine solche bloss vorläufig ablehnte, ist die Trump-Mannschaft dauerhaft dagegen. Und Nein zu einer Nato-Operation und zu US-Truppen zur Absicherung der Ukraine.

Die Finanzierung, die Schutztruppen, die Waffenlieferungen – all das sollen allein die Europäer stemmen. Einzig noch den nuklearen Schutzschirm bieten die USA an.

Empörung über Trumps Einigung mit Putin

Fast schon unterwürfig reagierte Grossbritanniens Verteidigungsminister John Healey zunächst auf Hegseths Ansage. Man habe sie vernommen. Der Brite schien schon erleichtert, dass Washington das Bündnis nicht rundweg zur Demontage freigibt. Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius wiederum meinte, er habe sich mit Hegseth länger ausgetauscht, über die Nato und über die Ukraine. Austausch ja, im Ton offenbar sogar einigermassen freundlich. Von Übereinstimmung jedoch keine Spur.

Erst recht Unmut löste aus, dass Trump offenbar eine Einigung allein mit Putin plant, auf einem oder mehreren Gipfeltreffen – rein bilateral. Erst allmählich berappelten sich die Europäer. Einer nach dem anderen erklärten die Verteidigungsminister, Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine kämen nicht infrage. Und auch nicht ohne die Europäer. In diesen Chor stimmen inzwischen auch die EU-Aussenminister ein.

Nicht ohne Grund befürchten sie, da versuchten zwei, die sich als starke Männer sehen, die Welt neu zu ordnen. Auf dem Buckel anderer. Die Direktbetroffenen wären zum Zuschauen verdammt. Die Ukraine würde verraten, Europa ignoriert. Offenkundig ist, wer die Gewinner eines solchen trumpschen «Deals» wären: die Russen.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

Tagesschau, 13.02.2025, 12:45 Uhr

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