Er könne verstehen, dass viele Leute sehr wütend seien, sagt der US-Ökonom und Handelsexperte Richard Baldwin.
Republikanische wie demokratische Regierungen in den USA hätten seit der Reagan-Zeit in den achtziger Jahren nicht viel getan, um ihnen zu helfen. Dabei, so sagt Baldwin am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, wäre viel zu tun gewesen.
Die Globalisierung habe die Produktion in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten völlig auf den Kopf gestellt, die Wertschöpfungsketten aufgebrochen, zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland geführt. Jeder in der Kette fühle sich daher zurecht angreifbar, so Baldwin. Und jeder, der seinen Arbeitsplatz verloren habe, habe grosse Probleme, einen neuen zu finden.
Diese Entwicklung kann man nicht aufhalten.
Und jetzt kommt da dieser Mann, der verspricht, das alles besser wird, weil er alles rückgängig machen will, was den Arbeitern am Band, in den Minen geschadet hat.
Die pure Illusion, sagt US-Ökonom Baldwin, der am Graduate Institute in Genf lehrt. «Diese Entwicklung kann man nicht aufhalten. Nie wieder wird es so sein wie früher», sagt der Professor für Internationale Politik, der unter anderem die erste Bush-Regierung in Wirtschaftsfragen beraten hat.
Globalisierung alten Stils
Der Fehler sei, sagt Baldwin, dass Trump und seine Leute die Globalisierung in altem Stil denken würden. «Sie denken an Waren, die Grenzen überschreiten. Dabei ist die Entwicklung vor allem getrieben durch Wissen, das Grenzen überschreitet.»
Das sei auch kein neues Phänomen. In allen Industrieländern gehe der Anteil der Arbeitsplätze in der Produktion schon seit Jahrzehnten zurück, sagt Baldwin.
Diese Entwicklung sei vor allem getrieben durch die Automatisierung – also den Trend, immer mehr Menschen durch Maschinen oder Roboter zu ersetzen. Man könne das nicht einfach rückgängig machen, indem man Konzerne zwinge, Produktion zurück in die USA zu verlagern, sagt der Ökonom. Zuhause kämpften US-Arbeiter gegen Roboter, im Ausland gegen China. Selbst wenn man China ausschalte, blieben immer noch die Roboter.
Der Dollar könnte alles noch schlimmer machen
Und der starke Dollar könnte alles sogar noch schlimmer machen, sagt Baldwin. Die Abschottung der US-Wirtschaft, die Stimulierungsprogramme, die Trump angekündigt hat, dürften den Dollar noch teurer machen, das Handelsbilanzdefizit weiter vergrössern und den Druck erhöhen, noch mehr Produktion ins Ausland zu verlagern.
Ein Blick auf die Devisenkurse zeigt: Seit der Trump-Wahl im November hat der Dollar im Vergleich zum Peso um rund 20 Prozent zugelegt. Selbst, wenn Trump einige Arbeitsplätze für die US-Produktion in die USA zurückbringt: Für alle Produkte, die US-Unternehmen für den Export herstellen, werde es in die andere Richtung gehen, sagt Baldwin.
«Am Ende werden die Leute, die Trump gewählt haben, realisieren, dass sie diejenigen sind, die den Preis für seine Politik bezahlen müssen», so der Handelsprofessor.
Die Trump-Regierung werde sehr wahrscheinlich eine Reihe von Massnahmen erlassen, die gut für die Reichen und die Banken seien, aber schlecht für das Klima und das Gesundheitssystem – und auch das werde vor allem den ohnehin schon Benachteiligten schaden. Wenn sie das erst einmal begreifen, dann werden sie so wütend sein wie nie zuvor, prophezeit Ökonom Baldwin.