- Auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika ist es am Mittwochabend zu schweren Ausschreitungen gekommen.
- Unter anderem wurden in Bastia im Norden 23 Polizisten, mindestens drei Demonstranten sowie ein Fotojournalist verletzt, teilte die Präfektur der Region Haute-Corse mit.
- Auf der Insel kommt es seit rund einer Woche zu Demonstrationen und Ausschreitungen, nachdem der korsische Separatist Yvan Colonna im Gefängnis lebensgefährlich verletzt worden war.
In Bastia sollen gewalttätige Demonstrierende Polizisten beim Präfekturgebäude der Stadt unter anderem mit 95 Molotow-Cocktails angegriffen haben.
In der Inselhauptstadt Ajaccio im Süden der Insel gingen Demonstranten nach Angaben der dortigen Präfektur unter anderem mit Brandbomben und Steinen auf die Polizei los. Diese habe darauf Tränengas und Schockgranaten eingesetzt. Die Behörden meldeten mindestens vier Verletzte, darunter einen Journalisten.
Der Zeitung «Corse Matin» zufolge wurde auch der Justizpalast von einem Molotow-Cocktail getroffen, die Feuerwehr löschte einen Brand.
Auch in der Stadt Calvi griffen Demonstranten nach Behördenangaben ein Verwaltungsgebäude mit Brandbomben und Steinen an.
Der Schweizer Journalist Ruedi Balmer beobachtet die Vorgänge aus Paris. Dass sich die Proteste nun derart entzünden, liegt für Balmer an Colonnas symbolischer Stellung für den korsischen Widerstand. «Und auf Korsika besteht der Eindruck, dass er wegen einer politisch motivierten Tat verurteilt worden ist und als Korse auf dem französischen Festland ungleich härter angepackt worden ist.»
Colonna als besonders gefährlich eingestuft
Die Separatisten fordern schon länger, dass ihre Mitglieder im Falle einer Verurteilung ihre Haftstrafe auf Korsika absitzen können. Dies, damit ihre Familien sie besuchen können. Colonna gehört in Frankreich zu den 350 als besonders gefährlich eingestuften Gefangenen. Insgesamt sitzen derzeit fast 70'000 Menschen in französischen Haftanstalten ein.
Aufgrund von dessen vermeintlicher Gefährlichkeit seien auch Colonnas Anträge auf eine Verlegung nach Korsika systematisch abgelehnt worden, erklärt Balmer. «Nun geben die Demonstranten auf Korsika dem französischen Staat eine Mitverantwortung für den Mordversuch. Denn er habe Colonna einer Gefahr ausgesetzt.»
Generell überrascht es Balmer nicht, dass gerade junge Menschen an den gewaltsamen Protesten teilnahmen. «Viele Leute auf Korsika haben das Gefühl, dass der Inselstatus Benachteiligungen mit sich bringt. Gerade bei der Jugend herrscht eine grosse Unzufriedenheit über die Perspektiven.»