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Überaltertes Japan «Wir brauchen mehr Ausländer»

Langsam öffnet sich der Inselstaat für Ausländer. Das reiche aber bei weitem nicht, meint ein Ökonom.

Japan gilt als abgeschlossenes Land, das sich mit Einwanderer besonders schwertut. Doch es gibt sie, beispielsweise in einem buddhistischen Tempel in Tokio. Rund 50 Vietnamesen singen Lieder und sitzen zusammen. Auch Ngyuen Van Hung ist hier: «Mir gefällt das Leben hier. Alles ist so praktisch und sicher. Gut bezahlt werde ich auch.»

Ngyuen arbeitet auf Baustellen, nach Abzug der Miete bleiben ihm pro Monat 1400 Franken. Mit seinem Einkommen unterstützt Ngyuen die Eltern in Vietnam. Nguyen ist einer von mehreren hunderttausend Vietnamesen, die in Japan arbeiten und die Daheimgebliebenen unterstützen.

Alte Japaner am Sport machen.
Legende: Ähnlich wie in vielen westeuropäischen Ländern ist in Japan eine Überalterung der Gesellschaft auszumachen. Keystone

Wann immer er Zeit habe, treffe er sich hier im Tempel mit vietnamesischen Bekannten. Japanische Freunde hat er keine, dafür sei sein Japanisch nicht gut genug, sagt er. Für immer wolle er sowieso nicht hierbleiben: «Ich möchte eines Tages ein Haus in Vietnam kaufen, deshalb spare ich Geld.»

Seine Familie dürfte ohnehin nicht nachziehen. Die Öffnung Japans für Arbeiter wie Nguyen erinnert an die Gastarbeiterpolitik europäischer Länder in den 1950- und 60er-Jahren.

Mann im Anzug.
Legende: Für den Ökonom Hisakazu Kato ist es klar, dass Japan mehr ausländische Arbeiter ins Land holen muss. SRF

Politiker wollen keine Wähler verlieren

Japans Wirtschaft habe Ausländer dringend nötig, sagt Ökonom Hisakazu Kato der Meiji Universität. Industrien wie die Baubranche, die Serviceindustrie oder die Landwirtschaft seien auf günstige Arbeiter angewiesen. «Unsere Regierung versteht die Problematik. Aber die Politiker können nicht zu laut sagen, dass sie mehr Ausländer hereinlassen wollen.» Das käme bei den Wählern nicht gut an, die seien verunsichert, so Kato. Japan sei schliesslich ein Inselvolk, das in seiner Geschichte wenig Kontakt mit Ausländern hatte.

Diese Zurückhaltung gegenüber allem nicht Japanischen zeigt sich sogar bei der koreanischen Minderheit in Japan. Diese lebt zwar seit mehreren Generationen in Japan, von vielen Japanern wird sie aber noch immer nicht als gleichwertig angesehen.

Zwei Menschen am Zwetschgen sortieren.
Legende: Vor allem die Baubranche, die Serviceindustrie oder die Landwirtschaft seien auf günstige Arbeiter angewiesen, so Kato. Keystone

Die Politik der Regierung ist wenig konsequent. So dürfen ausländische Studenten im Land bereits Teilzeit arbeiten, auch für Lehrlinge hat sich Japan schon geöffnet. Über 300'000 waren allein im letzten Jahr registriert.

Seit April nun gilt die Öffnung für ausländische Arbeiter. 340'000, verteilt über einen Zeitraum von fünf Jahren, sollen ins Land kommen. Eine überschaubare Zahl, im Vergleich zu den über 125 Millionen Japanern. Im letzten Jahr wohnten 2,2 Millionen Ausländer in Japan, was einem Ausländeranteil von knapp 2 Prozent entspricht.

Menschen mit Fahnen.
Legende: 2018 wohnten 2,2 Millionen Ausländer in Japan, was einem Ausländeranteil von knapp 2 Prozent entspricht. Reuters

Taiwan und Südkorea als Konkurrenz Japans

Dabei würde mehr Diversität Japans geschlossener Gesellschaft guttun, findet Kato. Was ihn besonders ärgert, ist das Problem einer überalterten Gesellschaft und der Mangel an Arbeitskräften. «Wir diskutieren dieses Problem seit rund 30 Jahren. Ausser den Diskussionen ist aber wenig passiert.» Man habe keine Zeit mehr, die Gesellschaft müsse sich ändern. «Wir brauchen mehr Ausländer!»

Viel Zeit bleibe Japan nicht mehr, sagt Kato. Japan ist in Asien längst nicht das einzige Land, das auf ausländische Arbeiter angewiesen ist. Industrienationen wie Taiwan oder Südkorea kämpfen ebenfalls mit einer Überalterung der Gesellschaft und konkurrieren mit Japan um günstige Arbeiter aus Südostasien.

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