Allein die Präsenz der Internationalen Atomenergie-Agentur sei sehr wichtig, betont der Direktor Rafael Grossi. Es wirke abschreckend, denn beide Seiten wüssten, dass die IAEA vor Ort sei. Seit über 20 Monaten sind Expertinnen und Experten der UNO auf dem Gelände.
Im Falle eines Angriffs oder anderen Vorfalls würden sie unverzüglich Bericht erstatten, das sei sehr wirkungsvoll, so Rafael Grossi. Gleichzeitig sei er im Dialog sowohl mit Präsident Selenski als auch mit Präsident Putin. Dabei mache er regelmässig heikle Punkte zum Thema und er spüre auf beiden Seiten den Willen, einen schweren nuklearen Unfall zu verhindern.
Schwierige Arbeit vor Ort
Die tägliche Arbeit der IAEA-Teams vor Ort sei schwierig. Allein der Zugang zum grössten Kernkraftwerk Europas sei kompliziert, erzählt Rafael Grossi, der selbst schon verschiedentlich vor Ort war. Ukrainische Soldaten würden ihn jeweils begleiten, bis in die Nähe des Geländes. Die letzten 200 Meter müssten sie zu Fuss gehen, in Begleitung von Minenräumern, weil in dem Gebiet täglich neue Minen gelegt würden.
Die Russen betonen, sie würden mit dem Kraftwerk verantwortungsvoll umgehen. Da ist es schwierig, der IAEA die Türen nicht zu öffnen.
In der Anlage selbst würden sie russische Militärs begrüssen mit «Willkommen in Russland». Im Kraftwerk selbst erhalten die IAEA-Teams, so Rafael Grossi, nicht immer auf Anhieb Zugang zu den Anlagen, die sie wünschen. Die IAEA hake aber nach, fordere eine Begründung und in der Regel werde ihr dann schliesslich Zugang verschafft. Auch die russische Seite – sie halten Saporischja und andere ukrainische Territorien völkerrechtswidrig besetzt – habe letztlich ein Interesse daran, dass ihre Leute die Arbeit im Kernkraftwerk ausführen können, ist Grossi überzeugt: «Die Russen betonen, sie würden mit dem Kraftwerk verantwortungsvoll umgehen. Da ist es schwierig, der IAEA die Türen nicht zu öffnen.»
Kraftwerk ist auf Strom angewiesen
Mit ihren Updates aus der Anlage alle zwei Tage verhindere die IAEA ausserdem, dass Fake News über den Zustand des Kernkraftwerks verbreitet würden. Dieser Zustand sei allerdings nach wie vor äusserst fragil, betont Rafael Grossi. Schon neunmal seien die Reaktoren von der Stromversorgung abgeschnitten gewesen.
Erst ein Ende des Kriegs kann hier mehr Sicherheit bringen.
Das Kraftwerk produziert zwar schon seit zwei Jahren selbst keinen Strom mehr. Doch auch im aktuellen Zustand der kontrollierten Kühlung ist es auf Stromzufuhr angewiesen. «Erst ein Ende des Kriegs kann hier mehr Sicherheit bringen», warnt der IAEA-Direktor.