Die Enthüllungen der ukrainischen Investigativ-Journalisten sind brisant: Entertainer und Präsidentschaftskandidat Wolodymyr Selenski soll ganze elfmal in den vergangenen zwei Jahren aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Genf geflogen sein.
Mutmasslich um den ukrainischen Oligarchen Ihor Kolomoiski zu besuchen, der seinen Wohnsitz bis vor Kurzem in Genf hatte. Dies schliesst sich nicht zuletzt aus den Mitreisenden an Bord. Darunter waren auch Anwälte und Geschäftspartner des Oligarchen.
«(K)eine Puppe des Oligarchen»
Seit Selenksi seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten angekündigt hat, rankten sich Gerüchte um seine Nähe zum umstrittenen Oligarchen Ihor Kolomoiski. Kandidat Selenski betonte stets, seine Kontakte zum Oligarchen seien rein geschäftlich. Als Entertainer feierte Selenski einen seiner grössten Erfolge mit einer Serie auf dem TV-Sender 1+1, welcher dem Oligarchen Kolomoiski gehört.
Dass hinter dem Kandidaten Selenski der Oligarch stehen könnte, vermuteten kritische Stimmen vor allem aufgrund der Feindschaft zum amtierenden Präsidenten. 2015 entliess Petro Poroschenko Kolomoiski aus seinem damaligen Amt als Gouverneur der ukrainischen Region Dnipropetrowsk.
Seither gilt der Oligarch Kolomoiski ganz offen als Gegner des amtierenden Präsidenten. Im Wahlkampf bezeichntete Amtsinhaber Poroschenko seinen Gegner Selenski als eine Puppe des Oligarchen. Selenski bestritt diesen Vorwurf vehement.
Undurchsichtige Geschäfte
Zu seinem Reichtum gelangte Kolomoiski allerdings nicht durch das TV-Geschäft, sondern durch das Bankgeschäft. 2016 musst die Privatbank von Kolomoiski verstaatlicht werden, nachdem in der grössten Bank des Landes ein Loch von mehreren Milliarden klaffte. Eine Untersuchung gegen Kolomoiski wurde eingeleitet. Der Oligarch bestreitet jedoch alle Vorwürfe.
In der Zwischenzeit haben auch US-Behörden gegen den 56-Jährigen Untersuchungen aufgenommen, unter anderem wegen Verdachts auf Geldwäscherei.
Kolomoiskis Geschäftsgebaren passen so gar nicht in das Bild des Saubermannes, welches Selenski nach aussen vorgeben möchte. So verspricht er im Wahlkampf nichts weniger als ein Neuanfang für die Ukraine, weg von der Korruption.
Auf Nachfrage von SRF sagt einer der Hauptverantwortlichen für Selenskis Wahlkampf, Dimitri Rasumkow: «Mir fällt es schwer, ihnen zu beweisen, dass Kolomoiski hier nicht ein und ausgeht. Sie können es mir glauben – oder sie können es mir nicht glauben. Ich habe leider kein Dokument von Kolomoiski in welchem er erklärt, er kontrolliere nicht den Wahlkampf von Selenski.»
Geburtstag in Genf
Die ukrainischen Journalisten versuchten vergeblich, Selenski Fragen zu seinen Reisen nach Genf zu stellen. Am Telefon antwortete der Oligarch Kolomoiski den ukrainischen Journalisten, dass Selenski ein letztes Mal zu ihm nach Genf geflogen sei anlässlich seines Geburtstages im Februar vergangenen Jahres.
Doch die Auswertung der Flugdaten sprechen eine andere Sprache. Diesen zufolge trat Selenski seine letzte Reise nach Genf im Sommer 2018 an. Seit Oligarch Kolomoiski im Herbst seinen Wohnsitz nach Tel Aviv verlegt hat, fliegt Selenski regelmässig nach Israel. Wenn es dem Kandidaten Selenski mit seinem Versprechen für einen Neuanfang tatsächlich ernst ist, wäre mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit dringend nötig.