In einem Fernsehinterview letzten August fand der syrische Machthaber Baschar al-Assad klare Worte gegenüber der westlichen Isolationspolitik. «Der Caesar Act der USA ist zweifellos ein Hindernis. Aber wir können diese Sanktionen auf verschiedene Arten umgehen», sagte Assad auf dem Fernsehsender Sky News Arabia.
Folgen der US-Sanktionen
Der Caesar Act von 2019 ist das umfassendste Sanktionspaket gegen das Regime. Es zielt auf Machthaber Assad und dessen Umfeld, richtet sich aber auch gegen den syrischen Bau- und Energiesektor sowie gegen das Bankenwesen.
Doch wären für den Wiederaufbau des Landes genau jene Wirtschaftssektoren wichtig, meint Sam Heller von der US-amerikanischen Denkfabrik Century Foundation: «Wenn Sanktionen die wichtigsten Dienstleistungen eines Staates beeinträchtigen, dann leidet die Bevölkerung.» Dies zeige sich auch an den Demonstrationen im Süden des Landes.
Keine klare Position des Westens
Dareen Khalifa von der International Crisis Group hat noch einen weiteren Einwand gegen die internationalen Sanktionen. «Der Westen hat keine gemeinsame Haltung und stellt keine realistischen Forderungen an das Regime in Damaskus». So hat die Europäische Union 2021 ein Aufheben ihrer Sanktionen an eine politische Transformation in Damaskus gebunden. Spätestens seit der Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga im Mai ist aber klar, dass damit kaum zu rechnen ist.
Syrien unter Assad ist eine Realität, mit der man umgehen muss.
Sam Heller von der Century Foundation sieht im neuen Umgang der Arabischen Liga mit Syrien eine Chance: «Es ist das Eingeständnis, dass ein Syrien unter Assad eine Realität ist, mit der man umgehen muss.» Dareen Khalifa von der Crisis Group relativiert: «Die westliche Politik gegenüber Syrien hat zu einer enormen Migrationswelle in der Region geführt.» Von einer Normalisierung der Beziehungen mit Syrien versprechen sich die arabischen Länder eine Lösung für die zahlreichen Kriegsflüchtlinge.
Und Assad nützt die Situation aus
Assad selbst weiss den Spalt zwischen dem Westen und den arabischen Ländern zu nutzen. Angesprochen auf die Forderungen der arabischen Liga antwortet er im Fernsehen mit Rhetorik: «Wie kann jemand in ein Land zurückkehren, in dem es kein Wasser, keinen Strom, keine Schulen und keine medizinische Versorgung gibt.»
Er spielt den Ball ins westliche Lager, welches durch die Sanktionen just jene Grundversorgung erschwert. Dass seine Soldaten massgeblich an der Zerstörung der syrischen Infrastruktur beteiligt waren, verschweigt er.
Die arabischen Staaten sind zunehmend frustriert, dass Assad nicht auf ihre Forderungen eingeht.
Diese uneinsichtige Haltung sorge auch unter den arabischen Staaten für Konsternation, sagt Dareen Khalifa. «Die arabischen Staaten sind zunehmend frustriert, dass Assad nicht auf ihre Forderungen eingeht». Dennoch sollte die Charmeoffensive nicht schon im Vorfeld verurteilt werden, sagt Sam Heller: «Die Wiederannäherung bietet zumindest einen neuen Zugang zum syrischen Regime und damit eine Alternative zur bisher erfolglosen Sanktionspolitik».
Während der Westen an immer unrealistischer werdenden Reformen in Syrien festhält, versuchen die arabischen Staaten ihre eigenen Probleme bezüglich der Migration aus Syrien in den Griff zu bekommen. Und das weiss Assad zu nutzen.