- Nach schweren Zusammenstössen zwischen Israels Polizei und Migranten aus Eritrea hat Regierungschef Benjamin Netanjahu sich für eine Abschiebung von Randalierern ausgesprochen.
- Bei einer Strassenschlacht in Tel Aviv waren am Samstag nach Medienberichten mehr als 150 Menschen verletzt worden, etwa ein Drittel davon Polizisten.
- Mit den Ausschreitungen sei «eine rote Linie überschritten» worden, sagte Netanjahu.
- Auch in der Schweiz kam es im Rahmen eines Festivals zu Ausschreitungen unter Eritreern.
Auslöser der Unruhen war ein Eritrea-Festival, das in der Botschaft des ostafrikanischen Landes in Tel Aviv stattfinden sollte. Kritiker sahen die Veranstaltung als Propaganda an. Seit 1993 regiert Präsident Isaias Afewerki das Land in einer Ein-Parteien-Diktatur, Meinungs- und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Eritreer ins Ausland fliehen.
Demonstranten baten um Absage des Festivals
Hunderte Eritreer protestierten nach Medienberichten vor der Botschaft ihres Landes in Tel Aviv gegen die dortige Regierung und durchbrachen dabei auch Absperrungen der Polizei. Nach jüngsten Polizeiangaben wurden bei den Zusammenstössen 52 Demonstranten festgenommen. Sie hätten Schlagstöcke, Tränengas und Elektroschocker bei sich gehabt. Die Demonstranten schlugen auch Scheiben von Polizei- und anderen Autos sowie Fenster umliegender Geschäfte ein.
Die Polizei teilte mit, Sicherheitskräfte hätten sich in Lebensgefahr gesehen und deshalb mit scharfer Munition geschossen. Dabei seien mehrere Demonstranten verletzt worden. Ein Krankenhaus teilte mit, Ärzte der Klinik hätten zwölf Menschen wegen schwerer Kopfverletzungen behandelt.
Die Demonstranten hatten die Polizei zuvor gebeten, die Veranstaltung abzusagen, und andernfalls vor Gewalt gewarnt. Auch in Deutschland, Schweden, Norwegen und der Schweiz war es zuletzt wegen Eritrea-Festivals zu Ausschreitungen gekommen.
Randale, Blutvergiessen – das ist eine Zügellosigkeit, die wir nicht akzeptieren können.
Netanjahu sagte: «Randale, Blutvergiessen – das ist eine Zügellosigkeit, die wir nicht akzeptieren können.» Er forderte «starke Schritte gegen die Randalierer, einschliesslich einer sofortigen Ausweisung derer, die beteiligt waren». Er beauftragte den Ministerausschuss, der sich mit dem Umgang mit Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung befassen soll, einen umfassenden Plan zur Ausweisung aller «illegalen Eindringlinge» aus Israel vorzubereiten.
Ein «schlechter Plan» der UNHCR
Die Zahl der Migranten aus Eritrea in Israel wird auf 18'000 geschätzt. Viele afrikanische Migranten leben in ärmlichen Vierteln im Süden Tel Avivs, es kommt immer wieder zu Spannungen mit israelischen Einwohnern. Asylanträge werden nur in Ausnahmefällen gebilligt.
Netanjahu hatte 2018 einen Umsiedlungsplan für Tausende afrikanische Migranten mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aufgekündigt. Er bekräftigte, es sei ein «schlechter Plan» gewesen, der «zur Einbürgerung von 16'000 illegalen Migranten geführt hätte». Dies hätte «einen riesigen Anreiz für Hunderttausende, wenn nicht Millionen Afrikaner geschaffen», nach Israel zu kommen.
Mit dem Bau einer Sperranlage an der Grenze zu Ägypten vor einigen Jahren sei der Zustrom von Flüchtlingen aus Afrika gestoppt worden. Diese hätten «eine echte Bedrohung für die Zukunft Israels als jüdischer und demokratischer Staat dargestellt». Es gebe noch mehrere Zehntausend Afrikaner in Israel, die zuvor gekommen seien. Rund 12'000 seien bereits freiwillig ausgereist.