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Heiliger Kompromiss: Pilgerstätte erhält halben Segen des Vatikans
Aus SRF 4 News aktuell vom 20.09.2024. Bild: Keystone/AP/Armin Durgut
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Pilgerort Medjugorje Pilgerstätte erhält halben Segen des Vatikans

Irdischer Kompromiss: Vatikan entscheidet zugunsten der grossen religiösen Dynamik des Pilgerorts in Bosnien-Herzegowina.

Jährlich pilgern Hunderttausende Menschen nach Medjugorje in Bosnien-Herzegowina, weil dort die Gottesmutter Maria 1981 erstmals und dann immer wieder erschienen sein soll. Die Marien-Erscheinungen sind aber derart umstritten, dass der Papst nun ein Machtwort gesprochen hat.

So anerkennt der Vatikan die Erscheinungen weiterhin nicht. Aber er sagt auch nicht, dass sie falsch und nur Legenden seien. Er äussert sich einfach gar nicht zum Phänomen, sondern schweigt dazu. Der Heilige Stuhl überlässt es damit den Gläubigen, ob sie glauben wollen, dass an diesem Ort die Madonna regelmässig erscheint und Botschaften abgibt.

«Positive Dynamik»

Der Vatikan stellt der Pilgerstätte zugleich ein insgesamt positives Zeugnis aus und anerkennt explizit die Pilgerfahrten an diesen Ort. Damit würdigt die höchste Stelle den Umstand, dass sich Medjugorje in den letzten Jahren zu einem der bedeutendsten Pilgerorte Europas entwickelt hat.

Der Vatikan schreibt, da würden Menschen bekehrt, da beteten Leute und würden im Glauben bestärkt. Diese Dynamik sei positiv, auch wenn ungeklärt bleibe, ob das, was sie anbeten, gemäss offizieller Doktrin tatsächlich stattfindet.

Warnung vor Scharlatanen und Extremismus

Nachdem der Vatikan gegenüber der Pilgerstätte lange sehr kritisch eingestellt war, ist diese Haltung augenscheinlich einem gewissen Pragmatismus gewichen. Zuvor hatte der Vatikan auch versucht, den Zustrom in diesen kleinen Ort in Bosnien-Herzegowina zu kontrollieren und zu begrenzen. Doch ohne Erfolg, die Menschen kamen in immer grösseren Zahlen.

Pilgerort.
Legende: Die Pilgerstätte Keystone/AP/ARMIN DURGUT

Auch ein Verbot des Vatikans wäre wohl erfolglos geblieben. Denn Medjugorje ist unterdessen schlicht zu etabliert, zu bekannt und zu beliebt. Der Vatikan wählte darum einen typischen Kompromiss. Immerhin mahnt er aber zur Vorsicht und warnt vor den Wahrsagern und Scharlatanen vor Ort, die falsche Dinge behaupteten. Es ist aber auch eine Warnung vor religiösen Fanatikern und Extremismus im politischen Umfeld Bosnien-Herzegowinas.

Geld und Wunder

In den Entscheid war Papst Franziskus sicherlich direkt involviert. Zwar witzelte er immer wieder über das regelmässig wiederkehrende Wunder von Medjugorje: Eine Madonna verteile doch nicht wie ein Postbote jeden Tag neue Nachrichten. Gleichzeitig ist dem Papst die religiöse Dynamik des Ortes sehr wichtig. Der Ort Medjugorje wird damit weiter florieren. Ob es zu Auswüchsen kommt, ist noch abzuwarten. Denn dann müsste der Vatikan sicher wieder einschreiten.

Erleichterung in der Pilgerstätte Medjugorje

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Das Machtwort aus dem Vatikan hat in der Pilgerstätte Erleichterung ausgelöst, auch wenn die päpstliche Anerkennung des Marienwunders ausgeblieben ist. Die Anerkennung der Pilgerstätte als solche werde als positiver Aspekt gewürdigt, berichtet Adelheid Wölfli, Osteuropa-Korrespondentin für den Wiener «Standard»: «Für viele Leute bedeutet das jetzt, dass sie beruhigt im Rahmen der römisch-katholischen Glaubenslehre agieren, wenn sie nach Medjugorje fahren.»

Die meisten Pilgerinnen und Pilger stellen sich laut Wölfli ohnehin auf den Standpunkt, dass eine Anerkennung der Erscheinungen noch gar nicht möglich ist, weil sie noch andauerten. Der Vatikan könne dies erst tun, wenn die Erscheinungen beendet seien. Viele kommen aber auch an den Ort, um sich zu besinnen. Für viele ist es eine positive Erfahrung, egal, was der Vatikan sagt.

Medjugorje hat sich seit den 1980er-Jahren von einem ärmlichen Dorf zu einem der reichsten Orte in der Umgebung entwickelt. Der jährliche Umsatz durch die Attraktion wird auf 90 Millionen Euro geschätzt. Aus all den kleinen Bauernhäusern sind grossen Pensionen und Hotels geworden. Überall werden Devotionalien wie Marienstatuen, Rosenkränze und andere Pilgerutensilien verkauft.

SRF 4 News, 20.09.2024, 06:17 Uhr

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