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Deutschland: Wie weiter im Hambacher Forst?
Aus SRF 4 News aktuell vom 21.09.2018.
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Umstrittene Waldrodung «Wir wollen ein bisschen Ruhe einkehren lassen»

Der Hambacher Forst ist ein Waldstück in Nordrhein-Westfalen, von dem nur noch ein kleiner Teil erhalten ist. Die Gegend ist seit der letzten Eiszeit bewaldet und hat einen ökologischen Wert. Die ältesten Bäume sind ungefähr 350 Jahre alt.

Der Essener Energieversorger RWE will in dem Wald roden, um Braunkohle abzubauen. Der Widerstand gegen dieses Vorhaben ist massiv. Seit 2004 wird gegen die Rodung des Waldes protestiert. Zurzeit leben die Waldbesetzer in Baumhäusern, die mit Hängebrücken verbunden sind. Die deutsche Polizei hat mit der Räumung begonnen. Sie hat diese aber unterbrochen, nachdem ein Mann zu Tode gestürzt war. Wie es mit dem Waldstück weitergeht, sagt der zuständige Innenminister, Herbert Reul.

Herbert Reul

Innenminister des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfahlen

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Herbert Reul (CDU) ist seit 2017 Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Er studierte Sozialwissenschaften und Erziehungswissenschaften in Köln und unterrichtete an einem Gynasium.

SRF News: Wie geht es im Hambacher Forst weiter?

Hans-Peter Bull: Die Lage ist ganz einfach. Wir haben Baumhäuser, die widerrechtlich gebaut worden sind und die nicht den Vorschriften entsprechen. Sie sind für Menschen gefährlich.

Bei der Petition geht es um die Grundfrage, ob der Hambacher Forst abgeholzt werden soll, oder ob da weiter Braunkohle gefördert werden soll.

Wir haben das bedauerlicherweise in diesen Tagen auch durch den Tod eines Menschen bestätigt bekommen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass diese Baumhäuser und Hängebrücken aus dem Wald entfernt werden.

Die Räumung ist jetzt ausgesetzt. Wann wird sie weitergeführt?

Das kann ich Ihnen heute nicht beantworten. Wir wollen ein wenig Ruhe einkehren lassen. Manchmal dienen ein paar Tage Ruhe dazu, dass alle Seiten ein bisschen nachdenken. Wir haben das erfreuliche Ergebnis, dass einige der Hausbesetzer aus ihren Baumhäusern herausgekommen sind. Es sind zwar nur einige wenige, aber immerhin. Es gibt andere, die das Moratorium nutzen, um neue Baumhäuser zu bauen oder mit riesigen Barrikaden sogar Rettungswege versperren. Das stellt uns vor grosse Probleme. Wir können nicht zulassen, dass die Rettungswege zugebaut werden. Es wird noch gefährlicher, und wenn was passiert, kommen wir nicht mit den Sanitätswagen rein. Die Lage ist nicht ganz einfach, aber es gibt auch ein Stückchen Chance, weil einige nachdenklich werden. Insofern war es klug, mal eine Pause zu machen.

Die Aktivisten fordern einen endgültigen Stopp der Waldräumung. Gestern wurde bei Ihrer Regierung ausserdem eine Petition mit rund einer halben Million Unterschriften eingereicht. Die werden Sie bei Ihrer Abwägung kaum ignorieren können, wenn es darum geht, die Räumung fortzusetzen?

Bei der Petition geht es um die Grundfrage, ob der Hambacher Forst abgeholzt werden soll, oder ob da weiter Braunkohle gefördert werden soll. Mein Thema ist im Moment ein ganz anderes. Es ist die Frage, ob die Baumhäuser widerrechtlich gebaut worden sind und ob sie gefährlich sind.

Todesfall im Hambacher Forst

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Legende: Keystone

Während der Räumung von Baumhäusern im Hambacher Forst ist ein Mann nach einem Sturz aus grosser Höhe gestorben. Er hat Blogs über die Räumung verfasst. Der 27-Jährige sei von einer Verbindungsbrücke in der Nähe eines Baumhauses abgestürzt. Die Brücke sei morsch gewesen. Zum Zeitpunkt des Unfalls hätten keine polizeilichen Massnahmen in der Nähe der Unglücksstelle und am genannten Baumhaus stattgefunden. Sofort herbeigeeilte Rettungs- und Polizeikräfte leisteten erste Hilfe. Der Mann sei seinen schweren Verletzungen erlegen. Alle Arbeiten wurden sofort eingestellt.

Wenn wir die Baumhäuser stehen lassen würden, und es passiert etwas, dann haben wir ein grosses Problem. Insofern kommen wir um den Punkt, ob wir die Baumhäuser, die Hängebrücken und die Barrikaden entfernen, nicht herum.

Sollte es bei einer weiteren Räumung zu einem weiteren Zwischenfall kommen, wer würde dann die Verantwortung übernehmen?

Das kann man nicht so beantworten. Wenn ich nichts tue und es passiert wieder etwas, dann sind wir als Landesregierung mitverantwortlich, weil wir die Gefahrenstellen haben stehen lassen.

In einem Rechtsstaat ist nicht die Frage, ob wir das gut oder schlecht finden, sondern es ist die Frage der durchgesetzte Rechte.

Wenn die Baumhäuser weiter geräumt werden und es passiert dann etwas, dann kommt es darauf an. Wir haben den Fall des zu Tode gestürzten Bloggers noch nicht ganz abgeschlossen, aber die Staatsanwaltschaft hat entschieden, dass es kein Fremdverschulden war. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Brücke, über die er gehen wollte, morsch war. Es war eine Bestätigung, dass es eine grosse Gefahr ist.

Der Energiekonzern RWE ist ein wichtiger Arbeitgeber in ihrer Region und einer der grossen Energiekonzerne in Deutschland. Er will die Rodung trotz dieses tödlichen Zwischenfalls weiterführen. Stehen Sie von Seiten des Konzerns unter Druck?

Überhaupt nicht. Was der will oder nicht will, ist mir persönlich vollkommen egal, auch uns als Landesregierung ist das egal. Aber er hat über viele Gerichtsprozesse – das läuft über Jahre – eine Entscheidung bekommen. In einem Rechtsstaat ist es keine Frage, ob wir das gut oder schlecht finden, sondern es ist eine Frage durchgesetzte Rechte. Vor zwei Jahren hat es im Parlament im Landtag noch Entscheidungen gegeben. Damals haben Rote und Grüne regiert. Sie haben ja diesen Beschluss herbeigeführt, dass der Wald abgeholzt werden soll.

Das Gespräch führte Jonathan Fisch.

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