- Seit gut einem Jahr gilt in Hongkong das vage und umstrittene Sicherheitsgesetz – nun ist ein erster Schuldspruch erfolgt.
- Ein 24-Jähriger wurde in der chinesischen Millionenmetropole wegen Terrorismus und Anstiftung zum Separatismus verurteilt.
- Mit dem Urteil wurde zunächst noch kein Strafmass verkündet – dem Mann droht jedoch lebenslange Haft, wie der Hongkonger Sender RTHK berichtete.
Der frühere Restaurantmitarbeiter war nur wenige Stunden nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli vergangenen Jahres bei Protesten mit seinem Motorrad in eine Polizeisperre gefahren. Er hatte eine Flagge mit dem Slogan der Protestbewegung «Befreit Hongkong – Revolution unserer Zeit» dabei.
Die Interpretation dieses Slogans nahm im Prozess breiten Raum ein. Der Richter befand, der Aufruf «Befreit Hongkong» habe separatistische Bedeutung. Der Spruch könnte andere dazu anstiften, eine Abspaltung der ehemaligen britischen Kronkolonie von der Volksrepublik China zu verfolgen.
Richter spricht von vorsätzlicher Gewalttat
Der Zwischenfall mit dem 24-Jährigen hatte sich bei nicht genehmigten Protesten am Jahrestag der Rückgabe Hongkongs 1997 an China ereignet. Darauf wies der Richter ausdrücklich hin, um den Vorwurf des Separatismus zu untermauern.
Die Terrorismusanklage erfolgte, weil der Mann mit seinem Motorrad an der Absperrung nicht gehalten hatte, sondern in drei Polizisten gefahren war und diese auch verletzt hatte. Der Richter sah eine vorsätzliche Gewalttat und ernste Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die Verteidigung sprach hingegen von einem Unfall und argumentierte, der Slogan auf der Fahne sei mehrdeutig.
Wegen Urteil schon über 100 Festnahmen
Das Urteil gibt Aufschluss darüber, wie die Justiz das weitreichende Sicherheitsgesetz anwenden dürfte. Mehr als 100 Menschen sind unter Berufung auf das Gesetz schon festgenommen worden.
Peking hatte das Gesetz nach anhaltenden Protesten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion und Rufen nach mehr Demokratie erlassen. Es richtet sich vage gegen Aktivitäten, die als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch angesehen werden. Seither dient es den Behörden, zunehmend gegen die Demokratiebewegung in der früheren Kronkolonie vorzugehen.
Repression statt Autonomie
Nach den Vereinbarungen für die Rückgabe Hongkongs 1997 an China sollen die sieben Millionen Hongkonger eigentlich weitgehende Autonomie und politische Freiheitsrechte geniessen. Der lange verfolgte Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» ist aus Sicht der Kritiker mit dem Sicherheitsgesetz durch «ein Land, ein System» ersetzt worden.