Eine giftige Algenart könnte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge ein entscheidender Faktor für das Fischsterben sein. Ein Forscher des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei identifizierte die toxische Art als Mikroalge mit dem Namen Prymnesium parvum. Nach Worten des Gewässerökologen Christian Wolter ist sie bekannt dafür, dass sie gelegentlich zu Fischsterben führt.
Das bestätigt auch Jörg Oehlmann, Leiter der Abteilung Aquatische Ökotoxikologie an der Goethe-Universität Frankfurt, wie die Nachrichtenagentur DPA schreibt. Nachgewiesen ist aber noch nicht, dass das Gift der Alge Grund für das Fischsterben ist. Sicher ist: Diese Alge hat sich massenhaft entwickelt.
Warum gibt es plötzlich so viele Algen in der Oder?
Die Algenart Prymnesium parvum kommt laut der Forschenden eigentlich nur in Tümpeln vor. Sie benötigt erhöhte Salzgehalte, die es im betroffenen Flussabschnitt normalerweise nicht gibt.
An der offiziellen Messstation des Landesamts für Umwelt in Frankfurt an der Oder werden aber seit rund zwei Wochen massiv erhöhte, unnatürliche Salzfrachten gemessen. Sie müssen laut Forschenden ihren Ursprung stromaufwärts haben.
Schwierige Ursachenfoschung
Das Labor des Bundeslandes Berlin-Brandenburg untersucht weiterhin Wasserproben sowie Fische. Laut dem Brandenburger Umweltministerium gestaltet sich die Suche nach der Ursache für das Fischsterben auch schwierig, weil Informationen von polnischer Seite fehlten, etwa zu eventuellen Einleitungen oder konkreten Anlässen für die Umweltkatastrophe.
Forschende sagen, die Ursachenforschung zu der Katastrophe durch Analyse der Stoffe in der Oder sei eine wahre Sisyphusarbeit, da etwa 350'000 Substanzen potenziell in einer Wasserprobe vorhanden sein könnten – und auch eine ausführliche Diagnostik nie alle abdecke. Die Untersuchung könne Wochen dauern, so der Umwelt-Toxikologe Oehlmann.
Polens Umweltministerin Anna Moskwa gab am Donnerstagabend bekannt, dass in Wasserproben toxische Algen entdeckt worden seien. Es handle sich um sogenannte Goldalgen, die für Fische und Muscheln tödlich seien. Ob es sich um Prymnesium parvum handelt, war zunächst beim polnischen Umweltministerium nicht zu erfahren.
Es ist wahrscheinlich, dass eine riesige Menge an chemischen Abfällen in den Fluss gekippt wurde.
Die polnische Regierung geht von einem Umweltsünder aus. «Es ist wahrscheinlich, dass eine riesige Menge an chemischen Abfällen in den Fluss gekippt wurde, und das in voller Kenntnis der Risiken und Folgen», sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki am vergangenen Freitag.
Die polnische Polizei hat eine Belohnung von umgerechnet 210'000 Euro für Hinweise auf den Täter ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile mehr als 200 Zeugen gehört und zwölf Orte an der Oder untersucht – eine heisse Spur ist bislang ausgeblieben.
Polnische Experten vermuten aufgrund des hohen Salzgehaltes, dass der Fluss mit Einleitungen aus dem schlesischen Bergbau verseucht wurde.
Laut dem oppositionellen Parlamentsabgeordneten Piotr Borys leitet ein staatliches Bergbauunternehmen bei Glogow regelmässig salzhaltiges Abwasser aus einem riesigen Rückhaltebecken in die Oder ein – es hat dafür allerdings auch die Genehmigung der Wasserbehörde.