- Der EU-kritische Regierungschef Viktor Orban hat die Parlamentswahl in Ungarn klar gewonnen.
- Auf seine rechtsnationale Fidesz-Partei entfielen bei einem Auszählungsstand von 74,6 Prozent der Stimmen 49,2 Prozent.
- Fidesz könnte damit auf 134 Mandate im 199-sitzigen Parlament kommen. Orban hätte damit eine sichere absolute Mehrheit.
- Die Wahlbeteiligung war mit etwa 70 Prozent aussergewöhnlich hoch.
Viktor Orban kann seine vierte Amtszeit und die dritte in Folge antreten. Vor vier Jahren hatte Fidesz mit 43 Prozent der Stimmen 133 Mandate und damit eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit gewonnen.
Direktwahlkreise zählen erst in dieser Woche aus
Die endgültige Sitzverteilung im neuen Parlament hängt allerdings noch vom Ausgang der Wahlen in den Direktwahlkreisen ab. Die Stimmen von rund 270'000 Wählern, die nicht an ihrem ständigen Wohnort gewählt haben, werden erst in der nächsten Woche ausgezählt.
Die Bekanntgabe der ersten Teilergebnisse verzögerte sich um mehrere Stunden, weil zwei Budapester Wahllokale mit der grossen Zahl der ihnen zugeteilten «Auswärts-Wähler» nicht fertig wurden. Die Wahlbeteiligung war mit 70 Prozent aussergewöhnlich hoch.
Fidesz könnte mit dem bisher ausgezählten Wahlergebnis auf 134 Mandate im 199-sitzigen Parlament kommen. Die Partei würde so über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit verfügen.
Stärkste Oppositionspartei wurde die rechtsradikale Jobbik (Die Besseren) mit 19,9 Prozent der Stimmen, gefolgt von der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) mit zwölf Prozent.
Streit mit der EU vorprogrammiert
In der Europäischen Union (EU) geht man davon aus, dass eine Neuauflage der Regierung Orban zu weiteren Konflikten zwischen Budapest und Brüssel führen wird. Seit 2010 steuert der rechtskonservative Politiker einen Konfrontationskurs zur EU. Streitpunkte sind unter anderen die Asylpolitik, die Einschränkung von Medienfreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und Bürgerrechten sowie der mutmassliche Missbrauch von EU-Fördergeldern.
Von der EU beschlossene Quoten zur faireren Verteilung von Asylbewerbern boykottierte Orban.
Topthema Migration
Im Wahlkampf hatte Orban die Migration zum fast ausschliesslichen Thema gemacht. «Es geht um die Zukunft Ungarns», sagte er am Sonntagmorgen bei der Stimmabgabe in seinem Wahllokal im Budapester Stadtteil Zugliget.
In der Kampagne hatte Orban behauptet, dass die EU, die Uno und der US-Milliardär George Soros Pläne verfolgen würden, um Zehntausende Migranten in Ungarn anzusiedeln und das Land zum «Einwanderungsland» zu machen. Nur wenn er weiterregiere, könne dies verhindert werden. Beweise für die angeblichen Pläne legte er keine vor.
Soros, ein aus Ungarn stammender Holocaust-Überlebender, hatte sein Geld als Börsenspekulant gemacht – heute unterstützt er Zivilorganisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen.
Vorwurf: Abbau der Demokratie
Die Opposition wirft Orban vor, die Demokratie in Ungarn abzubauen. Staatliche Ressourcen und EU-Förderungen würden Orban-nahen Oligarchen zugeschanzt. Aber auch die EU-Antikorruptionsbehörde Olaf ermittelt in zahlreichen mutmasslichen Missbrauchsfällen in Ungarn. In einen soll sogar Orbans Schwiegersohn verstrickt sein
Orban bestreitet die Vorwürfe und verweist auf deutlich gestiegene Reallöhne und gesunkene Arbeitslosigkeit. In den EU-Institutionen geht man davon aus, dass eine Wiederwahl Orbans zu weiteren Konflikten zwischen Budapest und Brüssel führen wird, vor allem in der Asylfrage.