- Tausende Menschen haben am Freitagabend in Budapest gegen die Einschränkung der Medienfreiheit in Ungarn protestiert.
- Die Teilnehmer zogen vom Gebäude der Redaktion des Internetportals «index.hu» vor den Amtssitz von Ministerpräsident Viktor Orban auf der Budaer Burg.
- Nachdem der Chefredakteur des beliebten Nachrichtenportals von den Eigentümern abgesetzt wurde, kündigte fast die gesamte Belegschaft aus Protest.
Die Eigentümer des Portals – Geschäftsleute aus dem Umfeld Orbans – hatten die Entlassung des Chefredakteurs Szabolcs Dull durchgesetzt. Daraufhin reichten am Freitag mehr als 80 Journalisten – die gesamte Führung des Portals sowie wie fast alle Mitarbeiter – ihre Kündigung ein. Die Zukunft der Nachrichten-Webseite ist damit ungewiss.
Der Bevölkerung «reichts»
Zu dem Protest aufgerufen hatte die oppositionelle liberale Partei Momentum. Die Demonstranten machten ihrem Ärger Luft: «Demokratie!» und «Es reicht uns!» hörte man aus dem Protestzug. Viele trugen dabei Masken.
Die Bevölkerung sieht durch den Kündigungseklat die Medienfreiheit in Gefahr. «Wir sind nicht unbedingt hier, weil uns Index gefiel, aber wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem der Zugang zu Informationen gefährdet ist», sagte ein 30-jähriger Demonstrant.
Redaktion stand für ihre Unabhängigkeit ein
«index.hu» befand sich schon seit Jahren mehr oder weniger indirekt im Besitz von Geschäftsleuten, die von Orban abhängen. Eine zwischen Eigentümer und Redaktion geschaltete Stiftung garantierte bisher die Unabhängigkeit und Autonomie der Redaktion. Zugleich hing die Konstruktion über all die Jahre an einem seidenen Faden, weil die Eigentümer letztendlich das letzte Wort haben.
Zuletzt waren von ihnen Vorstösse gekommen, inhaltliche Bereiche des Portals organisatorisch auszugliedern - offensichtlich von der Absicht geleitet, ihm die politische Schärfe zu nehmen. Chefredakteur Dull und die Redaktion widersetzten sich diesen Bestrebungen beharrlich.
Ausser «index.hu» gibt es kaum mehr reichweitenstarke Medien in Ungarn, die nicht von Orban und seinen Gefolgsleuten kontrolliert werden.