Laszlo Dioszegi, ein Grossbäcker, hat Sepsi OSK, den erfolgreichsten Fussballklub der ungarischen Minderheit in Rumänien, vor zehn Jahren in der Kleinstadt Sfantu Gheorghe gegründet. Jetzt steht er auf der Baustelle und blickt auf die 8500 roten und weissen Plastiksitze im Oval. Er habe sich nie träumen lassen, dass sein Klub je in der ersten Liga spielen würde. Und er hat auch nicht damit gerechnet, dass er ein neues Stadion für 27 Millionen Franken erhalten würde, finanziert zu 100 Prozent mit ungarischen Steuergeldern.
Intransparente Geldflüsse
Wie viel die ungarische Regierung insgesamt ausgibt zur Unterstützung der 1.2 Millionen ungarischsprachigen Menschen in Rumänien, lässt sich nur erahnen. Die Geldflüsse sind intransparent. Als sicher gilt, dass es mehr als 100 Millionen Franken pro Jahr sind.
Die Regierung in Budapest sagt dazu, sie müsse ihre Landsleute unterstützen, auch wenn diese in Gebieten leben, die Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg an die Nachbarländer verloren hat. Die rumänische Regierung dagegen befürchtet, Orban umgarne die ungarische Minderheit, um sich über die eigenen Landesgrenzen hinaus Einfluss zu verschaffen. Die massiven Subventionen überstiegen die zulässige Unterstützung, beklagt das rumänische Aussenministerium.
Der Besitzer von Sepsi OSK sieht das anders: Er erkennt keine politischen Interessen im Millionengeschenk aus Ungarn. Ein Fussballclub sei doch nicht interessant für eine Regierung. Zudem habe er das Geld für das neue Stadion ohne jegliche Auflagen erhalten, sagt Dioszegi.
Im historischen Zentrum von Sfantu Gheorghe sitzt Stadtpräsident Arpad Antall unter der Flagge der ungarischen Minderheit. Er sagt, die ungarische Regierung springe nur in die Bresche.
Sie finanziere, was der rumänische Staat nicht zustande bringe oder nicht zustande bringen wolle, sei dies ein Fussballstadion oder die einzige rein ungarischsprachige Uni des Landes. Budapest gleiche die Benachteiligungen aus, die die Ungarischsprachigen bis heute erlebten.
Ein «Mittel gegen Abwanderung»?
Die Regierung in Bukarest soll froh sein über das Geld aus Ungarn, findet der Lokalpolitiker. Es verhindere, dass noch mehr Leute aus Siebenbürgen abwanderten und spüle letztlich Steuern in die Kassen des rumänischen Staates. Die Millionenzahlungen in den letzten zehn Jahren haben die Beliebtheit des ungarischen Regierungschefs in fast schon unheimliche Sphären katapultiert.
Von den ungarischsprachigen Rumänen vertrauen über 90 Prozent Orban und seiner Fidesz-Partei. Csaba Asztalos, Vorsitzender des Nationalen Rats für den Kampf gegen Diskriminierung, ist auch ungarischsprachig, aber kein Orban-Fan. Zwar sagt auch er, die Hilfe aus Budapest eröffne der ungarischen Minderheit neue Möglichkeiten. Aber er sagt eben auch, Orbans Strategie habe zu einer grösseren Abkapselung der ungarischen Gemeinschaft in Rumänien geführt. Man könne heute im rumänischen Siebenbürgen leben, als wäre man in Ungarn.
Vom ungarischsprachigen Kindergarten geht es an die ungarischsprachige Schule, von dort an die ungarischsprachige Universität. Das TV-Programm kommt aus Budapest. In der Kirche wird auf Ungarisch gebetet, im Stadion die Mannschaft der ungarischen Minderheit angefeuert.
Die Folge: Der Austausch zwischen rumänischsprachiger Mehr- und ungarischsprachiger Minderheit habe abgenommen, so Asztalos. Orbans Strategie könne zu neuen Gräben und mehr Misstrauen führen. Auch, weil sich Rumänien zu wenig um seine grösste Minderheit kümmere.