Für die Mehrheits-Sprecherin Nancy Pelosi gibt es keinen Zweifel an der Faktenlage: «Präsident Trump hat sein Amt für persönliche Zwecke missbraucht», sagte sie und bezog sich auf die Aussagen der Verfassungsrechtler am Kongresshearing vom Mittwoch. «Sie haben keinen Zweifel daran gelassen, dass der Präsident das Vertrauen der Öffentlichkeit missbraucht hat».
Bloss: Pelosi blendet aus, dass es bei der Anhörung eine prägnante juristische Gegenmeinung gab: Rechtsprofessor Jonathan Turley sprach von ungenügenden Beweisen und warnte die Demokraten zu schnell vorzugehen. «Ansonsten übergeht ihr die Hälfte der Wählenden, und das ist sicher nicht im Sinne der Verfassung.»
Wichtige Zeugen nicht befragt
Turley kritisierte insbesondere, dass wichtige Zeugen bisher nicht befragt wurden. Zudem sei der Tatbestand der Erpressung juristisch nicht klar gegeben, dasselbe gelte für eine Justizbehinderung. Wichtige Gerichtsurteile würden noch ausstehen.
«Ein Impeachment ist keine Jazz-Improvisation. Ungefähre Beweise sind nicht gut genug. Schliesslich geht es darum, einen gewählten Präsidenten aus dem Amt zu schaffen», mahnte Turley.
Die Republikaner wählten ihren juristischen Zeugen geschickt. Der beredte Professor der Georgetown University in Washington ist kein republikanischer Parteigänger. Er hat für Bill Clinton und Barack Obama seine Stimme eingelegt. Auch hält er die Ukraine-Affäre von Präsident Trump für potentiell «impeachable», wenn man dem Präsidenten erpresserische Absicht nachweisen könne. Aber das sei bisher nicht der Fall.
Republikaner im Senat am Zug
Turley stand alleine da mit seiner Meinung. Die drei anderen Rechtsexperten bezeugten, ein Rechtsgrund für ein Impeachment sei vorhanden. «Besonders gravierend ist, dass Präsident Trump eine ausländische Macht dazu bewegen wollte, sich in die US-Wahlen einzumischen. Denn das untergräbt die Demokratie», sagte die Stanford-Professorin Pamela Karlan. Auf ihre Aussage, und diejenigen der zwei anderen juristischen Zeugen der Demokraten, stützen diese sich auch.
Der führende Republikaner im Justizausschuss, Doug Collins, sagte am Ende des Hearings, dass – anders als bei früheren Impeachments – diesmal eine gemeinsame Faktenlage fehle. «Die Fakten werden sogar gegensätzlich ausgelegt», sagte Collins. In den Augen der Republikaner gebe es überhaupt keine Faktenbasis für eine Amtsenthebung. Der Präsident habe sein Amt gemäss Verfassungsauftrag ausgeführt.
Diese Haltung der Republikaner wird im Senat zum Tragen kommen, wo der Amtsenthebungs-Prozess letztlich entschieden wird – notabene - von einer republikanischen Mehrheit.