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Buckingham Palace vs. Tierschutzorganisationen
Aus Echo der Zeit vom 11.01.2024. Bild: Keystone/MATT DUNHAM
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 9 Sekunden.

Uniform der Wachsoldaten Angriff auf ein haariges Stück Machtdemonstration

Rote Jacke und schwarze Fellmütze: Die Uniform der Wachsoldaten vor dem Buckingham Palace gehört zum royalen Inventar. Doch seit längerem kommen Palast und Armee unter Druck von Tierschutzorganisationen.

Fast einen halben Meter gross und ein Kilo schwer ist der imposante Kopfschmuck der königlichen Garde, der aus Bärenfellen genäht wird. Was heute zeremonieller Zierrat für Touristenströme ist, gehörte einst zum Arsenal der psychologischen Kriegsführung der britischen Armee.

Die schwarzen Bärenfellmützen liessen Soldaten grösser und gefährlicher aussehen. Imponiergehabe aus dem Reich der Tiere. Während den napoleonischen Kriegen sollte der archaische Kopfschmuck Feinde einschüchtern und in die Flucht schlagen.

Dutzende von Gardisten stehen in Reih und Glied.
Legende: Die sogenannte Schottengarde in Aktion. KEYSTONE/AP Photo/Dusan Vranic

Heute werden die Bärenfellmützen nur noch von den fünf königlichen Wachregimentern getragen. Eine optische Machtdemonstration ist es geblieben. In den Augen von Tierschützerinnen und Tierschützern aber ebenso eine unnötige Schlachterei.

Für jede Mütze muss im fernen Kanada ein Bär erlegt werden. Bei einer Garden-Grösse von 1700 Soldaten ist dies eine ziemlich stattliche Bärenpopulation, die gehäutet, gegerbt und in London auf Soldatenköpfen balanciert wird. Rund 500 Bären sollen in den vergangen sieben Jahren gemäss Verteidigungsministerium zu Hüten verarbeitet worden sein. Damit lässt sich der Verbrauch der Garde in zeremoniellen Friedenszeiten decken.

Für Charles' Krönung mussten auch Filmrequisiten herhalten

Aber weil sich Bären nicht auf Bestellung abschiessen lassen, kommen die Bestände in zeremoniellen Ausnahmesituation an ihre Grenzen. Laut dem konservativen «Daily Telegraph» mussten für die Krönung des langjährigen Tierschützers Charles dem III. kurzfristig Bärenfellmützen in Filmstudios und im Kostümverleih angemietet werden.

Ein junger Mann mit gezupftem Schnurrbart in feierlicher Uniform.
Legende: Ein Militärangehöriger während einer Probe für die Krönung von König Charles III. im Mai 2023 in der Westminster Abbey. Keystone/AP Photo/Andreea Alexandru

Erschwerend kommt jetzt also noch die Forderung von Tierschutzorganisationen dazu, auf den Import von Bärenfellen zu verzichten. Das Anliegen dürfte viele Britinnen und Briten in ein gröberes Dilemma stürzen.

Grossbritannien ist eine Nation von Tierfreundinnen und Tierfreunden. Das zeigte jüngst eine Umfrage einer grösseren Tageszeitung. 90 Prozent der britischen Öffentlichkeit lehnen das Tragen von Pelz ab.

Gleichzeitig unterstützt eine Mehrheit der Britinnen und Briten den Erhalt der Monarchie. Und zur royalen Prachtentfaltung, welche die britischen Untertanen regelmässig über die wachsenden Zumutungen des Alltags hinwegtröstet, gehören neben Kutschen und Kanonen eben auch Fellmützen.

Das wetterfeste Original

Dafür haben die Tierschutzorganisationen Verständnis. Sie fordern nicht die Abschaffung der Hüte, sondern lediglich, diese künftig aus künstlichem Fell herzustellen.

Doch das britische Verteidigungsministerium winkt ab. Artifizielle Pelzmützen seien weder lange haltbar noch ausreichend wetterfest. Ein gut gepflegtes Bärenfell könne hingegen mehr als fünfzig Jahre lang genutzt werden, zudem seien Hüte aus echtem Fell seit 200 Jahren eine feste Tradition der britischen Streitkräfte.

Der bekannte britische Schauspieler Stephen Fry, der die Forderung der Tierschutzorganisationen in diesen Tagen prominent unterstützt, ist Traditionen nicht abgeneigt. Er ist bekennender Royalist und ein Freund des Königs. Traditionen seien wichtig, meint er, könnten aber niemals eine Ausrede sein – für Grausamkeit.

Echo der Zeit, 11.1.2024, 18 Uhr

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