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Gute Bildung von Frauen führt zu Geburtenrückgang
Aus Echo der Zeit vom 15.04.2019. Bild: Keystone
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UNO tut sich schwer Bevölkerungswachstum ist ein heisses Eisen

Die Weltbevölkerung wächst und wächst. Bleibt das so, werden Klimaziele unerreichbar und die Migration wird zunehmen.

Die Weltbevölkerung steigt von heute 7.7 Milliarden Menschen auf 9.8 Milliarden im Jahr 2050 – so die Prognosen der UNO. Doch die Vereinten Nationen tun sich schwer, das Problem des Bevölkerungswachstums aktiv anzugehen.

Kein Zugang zu Verhütungsmitteln

Seit einem halben Jahrhundert existiert ein Menschenrecht auf Familienplanung. Doch mit der Durchsetzung hapert es. Zwar stieg weltweit der Anteil der Frauen, die selber entscheiden, ob sie ein Kind haben möchten, von bloss gut 20 auf fast 60 Prozent.

Doch gemäss UNO-Bevölkerungsfonds haben immer noch 214 Millionen Frauen keinen Zugang zu Verhütungsmitteln – aus logistischen und finanziellen Gründen, oder es wird ihnen verboten. Noch immer gibt es Millionen Kinderehen, Kinderschwangerschaften und Mütter, die im Kindbett sterben.

Frauen im Niger tragen ihre Kleinkinder auf dem Rücken.
Legende: In Niger hat eine Frau durchschnittlich 7.1 Kinder. Reuters

Thema beiseitegelassen

Zwar strebt der Fonds an, dass es auf der Welt nur noch sichere und gewollte Schwangerschaften gibt. Doch die Widerstände unter den Mitgliedsländern gegen eine aktive Bevölkerungspolitik bzw. Bevölkerungs-Begrenzungspolitik bleiben stark. Oft aus religiösen Gründen.

So musste der frühere UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon herumdrucksen, als es um das Thema ging: Man versuche nicht, das Bevölkerungswachstum zu verringern, man wolle nur einzelnen Menschen helfen. Sein Nachfolger Antonio Guterres räumt offen ein, das Thema figuriere nicht wirklich auf der globalen Agenda. Es bestehe eine Art Verschwörung, das Thema beiseitezulassen.

Die entscheidende Frage ist: Können diese Staaten die wachsende Bevölkerung auch ernähren?
Autor: Gerd Müller Deutsche Entwicklungshilfeminister

Dabei zeichnet sich ab: Verringert sich das Wachstum nicht, sind die Klimaziele unerreichbar. Auch die vielerorts unerwünschte Zuwanderung wird weiter steigen. Und die UNO-Entwicklungsziele werden illusorisch. Oder wie es der deutsche Entwicklungshilfeminister Gerd Müller ausdrückt: «Die entscheidende Frage ist, gewinnt der Storch, also viele, viele Kinder, oder der Pflug, also können diese Staaten die wachsende Zahl an Menschen überhaupt ernähren?»

Wohlstand schrumpft

Solange in Niger eine Frau durchschnittlich 7.1 Kinder hat, in Somalia 6.3 oder in Kongo Kinshasa 6.1 löst sich selbst ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum so gleich wieder auf. Pro Kopf der Bevölkerung schrumpft so der Wohlstand.

Weshalb für Natalia Kanem, Direktorin des UNO-Bevölkerungsfonds, eine vernünftige Familienplanung unverzichtbar ist, damit die UNO-Nachhaltigskeitsziele bis 2030 erreicht werden.

Ausscheiden der USA wiegt schwer

Der Fonds wird jährlich mit mehr als einer Milliarde Franken gespeist. Grossbritannien, Schweden oder Kanada zählen zu den wichtigen Geldgebern. Auch die Schweiz engagiert sich überdurchschnittlich. Abrupt zurückgezogen haben sich jedoch die USA, wie Kanem beklagt.

Auf einen Schlag fielen Beiträge von 75 Millionen weg. Man müsse darum Aktivitäten herunterfahren, sogar Programme streichen. Das sei beklagenswert. Zumal es aus ideologischen Gründen geschehen sei.

Geste von Trump an die Konservativen

Zwar behauptet US-Präsident Donald Trump, er handle, weil der UNO-Bevölkerungsfonds Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisierungen unterstütze. Bloss: Das ist nicht wahr – die UNO tritt einzig dafür ein, dass Abtreibungen, in Ländern, wo sie legal sind, sicher verfügbar sind. Sie wirkt aber nicht auf eine Legalisierung von Abtreibungen hin.

Trumps Schritt ist also eine Geste an die Konservativen im Land und die in seiner Wählerschaft stark vertretenen Evangelikalen.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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