- Bis vor Kurzem war die Welt bei der Hungerbekämpfung auf Kurs. Das UNO-Ziel, wonach bis 2030 alle Menschen genug zu essen haben sollten, schien erreichbar.
- Doch vor einigen Jahren wendete sich der Trend: Hunger und Unterernährung nehmen wieder zu.
- Die Corona-Pandemie hat diese Negativentwicklung markant beschleunigt.
Rund 800 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen. Die meisten leben in Afrika, aber auch in Teilen Asiens. Drei Milliarden Menschen ernähren sich, meistens mangels Geld, ungesund. Gleichzeitig sind Milliarden übergewichtig. Der jährliche Welternährungsbericht der FAO, der UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, zeigt: Die weltweite Ernährungssituation ist, gelinde ausgedrückt, unbefriedigend. Für UNO-Generalsekretär António Guterres ist es «inakzeptabel, dass der Hunger sogar wieder zunimmt».
UNO läutet die Alarmglocke
Viele Jahre gelang es, Hunger und Unterernährung allmählich einzudämmen. Doch dann, 2014, erfolgte die negative Wende. Weil es mehr kriegerische Auseinandersetzungen gab, weil der Klimawandel Dürren und Hochwasser auslöste, weil Wirtschaftskrisen ausbrachen und weil das Bevölkerungswachstum vielerorts immer noch extrem hoch ist, vergrösserte sich das Hungerproblem auf einmal wieder, zunächst langsam. Doch seit Ausbruch der Corona-Pandemie sehr stark, sagt Dominique Burgeon, Direktor bei der FAO: «Deshalb läutet die UNO nun die Alarmglocke.» Und sie plant im Spätsommer einen Krisengipfel zum Thema Ernährung.
Die Coronakrise schlug gleich in mehrfacher Weise durch auf die Ernährungssituation. «In ohnehin angeschlagenen Staaten», so Burgeon, «kam die Wirtschaft fast zum Stillstand oder lahmte zumindest. Hunderte von Millionen Menschen, die in der ‹informellen Wirtschaft› mit Kleinstgeschäften und Minidienstleistungen von der Hand in den Mund lebten, verloren über Nacht ihr karges Einkommen. Gleichzeitig rissen wegen Grenzschliessungen und logistischen Problemen Versorgungsketten.»
Die globale Versorgung mit Lebensmitteln muss krisenfester werden.
Armen Staaten fehlte binnen Wochen jedes Geld für eine minimale soziale Abfederung. Reiche kürzten, wegen Corona-bedingten, gigantischen Ausgabenüberschüssen ihre Hilfe für die Dritte Welt. All das fast zeitgleich. Zudem sind in armen Ländern erst die allerwenigsten geimpft und Corona noch längst nicht vorbei.
Grundsätzlicher Umbau der Welternährung
Was ist zu tun? Für FAO-Direktor Burgeon ist humanitäre Nothilfe dort zwar ein Gebot, jedoch nicht die wirkliche Lösung. «Vielmehr muss die globale Versorgung mit Lebensmitteln krisenfester werden.» Anzusetzen sei also nicht nur in der Landwirtschaft. Es gehe auch um Umweltpolitik – Stichwort: nachhaltiger Anbau, nachhaltige Nutzung von Böden und Meeren. Es gehe um Bildungspolitik, um Gesundheitspolitik – Stichwort: lernen, sich gesund zu ernähren. Und es gehe um Wirtschafts- und Investitionspolitik.
Kurz: um ein grundsätzliches Umdenken, um einen Umbau der Art und Weise, wie sich die Menschheit ernährt. Doch umfassende Massnahmen, wie sie die FAO nun propagiert, sind anspruchsvoll und langwierig.