Es ist das erste Mal, dass eine UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte nach Xinjiang reisen darf. «Ein historischer Moment», sagt Zumretay Arkin vom Uigurischen Weltkongress, einer Organisation von Exil-Uigurinnen und -Uiguren. Und doch ist Arkin gegen diesen Besuch.
Denn zu viele Fragen bleiben für sie unbeantwortet: «Wird die Hochkommissarin die Lager besuchen können, werden die Opfer frei mit ihr sprechen können, und kann sie überhaupt deren Sicherheit garantieren? Wir wissen es nicht. Das Ganze ist intransparent und wir werden im Dunkeln gelassen.»
Derzeit befindet sich ein Team des Hochkommissariats in China. Es soll gemeinsam mit den chinesischen Behörden den Besuch Bachelets vorbereiten. Auch dazu seien kaum Informationen bekannt, sagt Arkin. Etwa, ob Bachelets Team überhaupt Chinesisch und Uigurisch verstehe. «Wie wird die Übersetzung organisiert, werden die chinesischen Behörden übersetzen oder übernehmen das Übersetzerinnen und Dolmetscher von der UNO?» Ausserdem hätten die meisten Menschen in der Region Angst vor den Konsequenzen, wenn sie frei Auskunft geben.
Die chinesische Regierung ist sehr geschickt, wenn es darum geht, internationale Besuche zu inszenieren und zu manipulieren.
Der chinesische Menschenrechtsanwalt Teng Biao wird noch deutlicher. Es sei für die Hochkommissarin kaum möglich, in China unabhängig Menschen zu treffen und mit ihnen unbeobachtet zu reden. «Die chinesische Regierung ist sehr geschickt, wenn es darum geht, internationale Besuche zu inszenieren und zu manipulieren.»
Im Jahr 2005 etwa besuchte der damalige UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, Peking, Tibet und Xinjang, erinnert Teng Biao. Bereits im Vorfeld wurden Menschenrechtsanwälte und Aktivistinnen überwacht und Nowak beschwerte sich, dass er von chinesischen Beamten auf Schritt und Tritt beschattet worden sei. Die Menschenrechtslage habe sich zudem in den letzten Jahren verschlimmert, sagt Teng Biao.
Enttäuschung über UNO-Hochkommissariat
Die chinesische Regierung weist die schweren Vorwürfe selbstredend zurück. Dabei hat das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte bereits einen Bericht über die Lage der Uigurinnen und Uiguren in China verfasst. Doch veröffentlicht hat es diesen bisher nicht. Laut der Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» hat China verlangt, dass der Bericht nicht vor den Olympischen Winterspielen in Peking veröffentlicht werde.
Die chinesische Regierung wollte offenbar verhindern, dass das Prestigeprojekt vom Bericht der UNO überschattet wird. Doch die Winterspiele seien nun seit zwei Monaten vorbei, sagt Zumretay Arkin. Sie versteht nicht, warum das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte den Bericht noch immer nicht veröffentlicht hat.
Von Michelle Bachelet ist sie enttäuscht. «Wir erleben ein so grosses Trauma, wir haben Familienmitglieder verloren. Es ist einfach unglaublich. Bachelets Mandat ist es doch, die Menschenrechte hochzuhalten und sich für die Opfer solcher Verbrechen einzusetzen.»