18 Staaten: So viele beteiligen sich an einer Initiative aus Tschechien, die 800'000 Artilleriegranaten für die Ukraine kaufen will. Die Finanzierung sei gesichert, sagen tschechische Behörden.
Nicht nur bei der westlichen Unterstützung für die Ukraine tut sich etwas: Die Ukraine hat ihre Drohnenangriffe auf die russische Ölinfrastruktur hinter der Frontlinie verstärkt. SRF-Ukraine-Korrespondent David Nauer ordnet das Neuste im Ukraine-Krieg ein.
Wie sieht die Lage an der Front aus?
Die Ukrainer stehen seit Monaten unter Druck, weil Russland an verschiedenen Stellen heftig angreift. Derzeit gibt es russische Angriffe vor allem im Raum Awdijiwka, wo Russland über die Stadtgrenze hinaus nach Westen vorgedrungen ist und mehrere Ortschaften erobert hat. Die Ukrainer haben zum einen das Problem, dass sie an der gesamten Front zu wenig Artilleriemunition haben. Zum anderen haben sie es versäumt, bei Awdijiwka ihre Verteidigungsstellungen besser auszubauen, um dort die Front zu stabilisieren. Ausserdem versuchen die Russen im Süden mit grossem Einsatz Gebiete wiederzubesetzen, die die Ukraine im Sommer befreit hat.
Wird die Ukraine besser im Krieg hinter der Front?
So schwierig die Lage der Ukrainer an der Front ist, so erfolgreich sind ihre Angriffe auf russisches Hinterland. Sie haben mehrfach Öldepots und Industrieanlagen angegriffen. Offenkundig verfügt die Ukraine über selbst entwickelte Drohnen, die viele Hundert Kilometer entfernte Ziele treffen können. Gleiches gilt im Schwarzen Meer, wo die Ukrainer mit Wasserdrohnen immer wieder russische Kriegsschiffe versenken. Russland scheint keine Mittel zu haben, um diese Angriffe abzuwehren. Ziel der Ukrainer ist es, das industrielle und wirtschaftliche Potenzial Russlands zu schwächen. Dabei sind die Ukrainer offenbar erfolgreich: Russland hat Ende Februar ein Exportverbot für Benzin und Diesel für ein halbes Jahr erlassen.
Tschechische Initiative: Inwiefern hilft sie der Ukraine?
Die tschechische Initiative ist aus Sicht der Ukraine eine gute Nachricht, weil der Munitionsmangel dramatisch ist. Gemäss der tschechischen Regierung soll ein erster Teil der 800'000 Artilleriegranaten bereits in wenigen Wochen in der Ukraine ankommen. Das bringt zumindest vorübergehend eine Linderung des Artilleriemangels und wird die ukrainische Feuerkraft stärken. Zum Vergleich: Russland erhielt angeblich von Nordkorea letztes Jahr eine Million Artilleriegranaten. Das war an der Front spürbar.
Je länger der Krieg, desto besser für Putin. Trifft das noch zu?
Russland hat zwar auf Kriegswirtschaft umgestellt und der Kreml ist bereit, enorme Ressourcen in diesen Krieg zu stecken. Die Zeit scheint also für Russland zu spielen. Andererseits ist das wirtschaftliche und industrielle Potenzial des Westens viel grösser als dasjenige Russlands. Wenn der Westen den politischen Willen aufbringt, kann er der Ukraine genügend Waffen liefern, um diesen Krieg zu gewinnen. Ob das geschieht, weiss ich nicht. Vor wenigen Monaten hatte man den Eindruck, dass die Ukraine zunehmend ins Hintertreffen gerät. Im Westen gab es Anzeichen für eine gewisse Kriegsmüdigkeit. Inzwischen tut sich aber wieder etwas bei der Ukraine-Unterstützung: die tschechische Initiative etwa oder die EU-Staaten, die sich darauf geeinigt haben, ihre Produktionskapazitäten bis Ende 2025 auf zwei Millionen Artilleriegranaten pro Jahr auszubauen. Zwar fehlt noch ein Beschluss für neue Waffenhilfe aus den USA. Aber etwas ist in Bewegung geraten.