Der Marktstand von Precious Gzabu steht am Rand einer langen Nebenstrasse. Seit zwanzig Jahren verkauft sie hier, in Kasoa, grillierte Kochbananen, Yamswurzeln und Maiskolben.
Sie sei 2001 hierhergekommen, sagt sie, gleich nach ihrem Schulabschluss, auf der Suche nach Arbeit. Damals sei Kasoa noch ein Dorf gewesen – aber eins, das Möglichkeiten geboten habe: «In meiner Heimatregion Volta gibt es vor allem Landwirtschaft, das ist hier besser.»
Gzabus Biografie ist typisch für Kasoa: Der Ort zieht Menschen an, die auf der Suche sind – nach einem Job, einer günstigen Bleibe oder nach einer Geschäftsmöglichkeit.
Rapides Bevölkerungswachstum
Noch in den 90er-Jahren zählte Kasoa ein paar Hundert Einwohnern. Heute leben hier, vor den Toren der Millionenstadt Accra, knapp 250'000 Menschen. Der Ort gilt als einer der am schnellsten wachsenden in ganz Westafrika – und damit weltweit.
Dabei sieht Kasoa auf den ersten Blick gar nicht aus wie ein Ort, an dem tolle Jobs und das gute Leben warten. Die meisten Häuser sind einstöckig, vielen fehlt der Verputz. Eine Kanalisation gibt es längst nicht überall, jüngst ist hier gar die Cholera ausgebrochen. Und auch der Strom fällt immer wieder aus.
Das überrascht nicht. Selbst in den reichen Städten Europas wäre ein solcher Zustrom von Menschen eine riesige Herausforderung. Und in einem armen Land wie Ghana stellt sich gar die Frage: Ist das überhaupt zu schaffen?
Einer, der darauf eine Antwort weiss, ist Steven Kakraba. Er ist Chef des lokalen Stadtplanungsteams in einem heruntergekühlten Büro der Gemeindeverwaltung am anderen Ende von Kasoa.
Urbaner Wildwuchs – aber längst nicht nur
Nein, als chaotisch würde er die Entwicklung von Kasoa nicht bezeichnen, sagt er und rollt auf seinem Schreibtisch den Gegenbeweis aus: eine teppichgrosse Ortskarte. Sein Team definiere, welche Bauflächen hier wofür genutzt würden – etwa für Schulen, Märkte, Kirchen oder Wohnhäuser.
Das klingt überzeugend – doch was bedeuten die vielen weissen Flächen auf der Karte? Nun, tatsächlich, dort gebe es noch keine Stadtplanung, gibt Kakraba offen zu, dort herrsche leider noch eine Art urbaner Wildwuchs.
Es ist dies ein Eindruck, der sich im Gespräch mit dem Mann verfestigt: So sehr sich die Stadtplaner hier um Ordnung bemühen, so gross bleiben die Schwierigkeiten und Lücken.
Ihr grösstes Problem, sagt Kakraba schliesslich, sei das Geld. Ausreichend sei es noch nie gewesen. Und jetzt, wo Ghanas Wirtschaft in der Krise stecke, sei das Budget der Gemeinde sogar noch geschrumpft.
Das habe Konsequenzen – zum Beispiel beim Bau von dringend benötigten Strassen: «Weil wir nicht genug Geld haben, um die Landbesitzer zu kompensieren, müssen wir viele Strassen kleiner bauen als wir sollten.»
Auch für anderes fehlten die Mittel, so Kakraba, zum Beispiel für Schulen. In ganz Kasoa gebe es bis heute nur ein öffentliches Gymnasium.
«Nicht gut, aber besser»
Doch Kakraba sagt bald, er wolle eigentlich nicht klagen, er sei ein Optimist. Damit passt er gut zu Kasoa. Denn eins hört man in dem Ort, der auf viele wie ein Magnet wirkt, immer wieder: Dass hier zwar vieles schwierig sei – aber eben trotzdem besser als anderswo im Land.
Statistiken zeigen dies eindrücklich: Während im Norden Ghanas über die Hälfte der Menschen in extremer Armut leben, sind es in Kasoa zehn Prozent.
Precious Gzabu, die Maisverkäuferin, sagt es so: «Gut ist es hier nicht, aber besser».