Zehn Millionen Euro. So hoch ist die Busse für Frankreich wegen zu hoher Luftverschmutzung. Die Luftqualität in den Metropolen habe sich nicht verbessert, so das höchste administrative Gericht. Die Luft ist dick. In Paris gar so dick und gesundheitsschädlich, dass an bestimmten Tagen die Anzahl der Autos in der Innenstadt mittels Nummern beschränkt wird. «Die Hauptstadt Frankreichs ist tatsächlich ständig am Limit», so die freie Journalistin Annika Joeres in Paris.
Vom Gerichtsurteil betroffen sind Paris und Lyon. Weitere Städte werden laut Annika Joeres wohl folgen. Denn auch in Städten wie Marseille, Bordeaux oder Nizza sei die Luft stets schlecht und Fahrverbote würden immer wieder verhängt, so Joeres.
Das Problem ist nicht neu. Und die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner in Paris ist gewachsen. Paris hat versucht, Dinge zu verändern. Fussgängerzonen wurden ausgebaut, Parkplatzangebote reduziert. «Früher gab es eigentlich gar keine Velowege und gefühlt noch mehr Autos. Jetzt sieht man viele tausende Menschen mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, auch mehr Leute zu Fuss.»
«Historische Schuld»
Aber immer noch gebe es täglich 15 Millionen Autofahrten in Paris. Viele von den Autos sind Dieselfahrzeuge. Eine historische Schuld habe sich die französische Regierung da aufgeladen. Über viele Jahre hat sie Diesel beworben, steuerlich entlastet, Diesel war günstiger als anderes Benzin.
Mitverantwortung trägt die Regierung auch beim öffentlichen Verkehr. Gerade Menschen, die in den Vorstädten wohnen, sind oft auf das Auto angewiesen. «Es fehlt ein bisschen das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln oder an durchgängigen gesicherten Radwegen», so Annika Joeres.
Ich glaube, den grossen Durchbruch wird es erst geben, wenn auch die umliegenden Städte miteinbezogen werden.
Das soll nun kommen, dafür setzt sich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ein. Bislang mit Fokus auf das Zentrum. «Ich glaube, den grossen Durchbruch für bessere Luft und das umweltfreundliche Mobilsein in Paris wird es erst geben, wenn auch die umliegenden Städte miteinbezogen werden.»
Busse mit Ansage
Die Busse hätte man sicherlich vermeiden können, glaubt Annika Joeres, denn es sei weder die erste Busse noch die erste Ansage gewesen. Auch die Europäische Union verwarnt Frankreich regelmässig wegen der Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub.
Gekümmert hat man sich trotzdem nicht darum. Als einen Grund nennt Joeres die Angst vor Protesten. Man denke an die Gelbwesten, die schon aufgrund höherer Benzinpreise auf die Strasse gegangen sind. Als zweite Begründung sieht die Journalistin die starke Autolobby. Frankreich verharrt. Und das mit gesundheitlichen Konsequenzen. «In Frankreich gibt es zwischen 50'000 und 80'000 frühzeitige Tode. Die Menschen sterben früher, weil sie an Atemwegserkrankungen leiden.
Ob und was die Busse von zehn Millionen Euro bewirken wird, wird sich zeigen. Fakt ist, dass der Betrag, obschon er für einen Staat relativ gering tönen mag, eine Rekordsumme darstellt. Die verhängte Strafe bezieht sich zudem nur auf das erste Halbjahr 2021. Eine Strafzahlung in ähnlicher Höhe oder noch höher wäre also möglich.
Zudem meint die Journalistin Joeres: «Frankreichs Regierung muss sich überlegen, ob man dauerhaft im Clinch mit der Justiz sein will oder sich nicht tatsächlich mal um die Gesundheit seiner Stadtbewohner kümmern muss.»