Petros Konstantinou ist seit Jahren aktiv im Kampf gegen die «Goldene Morgenröte». Der 59-jährige Athener Stadtrat koordiniert die «Bewegung gegen den Rassismus und die faschistische Bedrohung», eine der bekanntesten griechischen Antifa-Initiativen.
Seit den 1990er-Jahren habe es immer wieder Angriffe der «Goldenen Morgenröte» gegen Migranten und Linke gegeben, sagt Konstantinou. Mit ihrem Einzug ins Parlament im Jahre 2012 nahmen die Angriffe zu – von der Polizei hatten die Opfer meistens keine Hilfe zu erwarten: «Sie tolerierte die ‹Goldene Morgenröte› nicht nur, sie gab ihr sogar Rückendeckung. Das war skandalös.» Es habe Angriffe am helllichten Tag in Anwesenheit der Polizei gegeben.
Aufschrei in Zivilbevölkerung
«Die Opfer, die eine Anzeige erstatten wollten, wurden weggeschickt oder verhaftet, da es oft Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis waren», schildert Konstantinou. Erst mit dem Mord an Fyssas habe sich das geändert. Die Empörung in der Gesellschaft sei zu gross geworden. «Es gab Demos und Streiks, sodass am Ende alle Parlamentsmitglieder der Partei festgenommen wurden.»
Vor Gericht wurden mehrere Straftaten zusammengeführt: Neben dem Mord an Fyssas, dem versuchten Mord an zwei Ägyptern und an linken Gewerkschaftern, geht es darum, ob die Parteispitze der «Goldenen Morgenröte» eine kriminelle Vereinigung gegründet und geführt hat. Ein Vorwurf, den die Partei von Anfang an von sich gewiesen hat. Die Morde und versuchten Morde seien einzelne Straftaten, mit denen sie nichts zu tun gehabt haben, so ihre Verteidigungslinie.
Wenn sie nicht verurteilt werden, werden sie sagen können, dass das eine politisch motivierte Anklage war, wegen ihrer rechten Ideologie
Die 45-jährige Journalistin Eleftheria Koumandou ist Gründungsmitglied des Golden Dawn Watch, eines unabhängigen Beobachtungsorgans des Strafverfahrens gegen die «Goldene Morgenröte».
Für sie ist der Mord an Fyssas ein gutes Beispiel für die kriminellen Strukturen der neofaschistischen Partei: «Das war die Definition der kriminellen Vereinigung schlechthin. Alles fing mit einer Auseinandersetzung in einem Café an. Sofort hat der eine den anderen informiert, vom Rangniedrigsten zum Ranghöchsten bis hin zum Anführer der Partei, Nikolaos Michaloliakos.»
Von oben seien Befehle erteilt worden, sich zu treffen und dem Opfer aufzulauern. «Es folgte eine SMS an die Mitglieder der Region, ‹alle ins Büro – jetzt›. Alles ist sehr schnell passiert, was zeigt, dass die ‹Goldene Morgenröte› ihre Mitglieder darin ausgebildet hatte und dass sie gelernt haben, ihrem Ranghöheren zu gehorchen», sagt Koumandou.
Heute ist die «Goldene Morgenröte» nicht mehr im nationalen Parlament vertreten. Ein Freispruch könnte die neofaschistische Partei aber wieder stärker machen, sagt Koumandou: Gerade deshalb sei es wichtig, dass nicht nur die Täter der Morde und versuchten Morde verurteilt werden, sondern auch die Parteispitze.
«Wenn sie nicht verurteilt werden, werden sie sagen können, dass das eine politisch motivierte Anklage war, wegen ihrer rechten Ideologie», sagt die Prozessbeobachterin. «Sie wurden aber nicht wegen ihrer Ideologie angeklagt, das sieht das griechische Rechtssystem nicht vor; sie sind vor Gericht wegen ihrer Taten.»
Der Politiker Petros Konstantinou wird bei der Urteilsverkündung auch dabei sein. Eleftheria Koumandou wird im Gerichtssaal sitzen, als eine von wenigen akkreditierten Journalistinnen. Beide hoffen, dass der Prozess mit der Verurteilung der «Goldenen Morgenröte» endet.