Bei Personalentscheiden griff Papst Franziskus immer wieder grob daneben. So holte er aus Chile und aus Honduras zwei Kardinäle in sein Beratergremium, denen in ihrer Heimat Bestechlichkeit beziehungsweise Vertuschung von sexuellen Missbräuchen vorgeworfen werden.
Besonders schwer aber wiegt der Fall George Pell. Der Papst holte Pell 2014 aus Australien nach Rom. Franziskus sah in Pell einen Mann, der aufräumen, der Licht in die verworrenen, undurchsichtigen Finanzen des Kirchenstaats bringen würde. Doch schon 2014 war klar, dass der Papst sich mit Pell nicht die Lösung eines Problems, sondern vielmehr viele neue Probleme nach Rom geholte hatte. Denn schon damals stand fest, dass Pell in seiner Heimat vorgeworfen wurde, er habe in seiner Heimat von sexuellen Übergriffen durch Priester gewusst.
Der Papst und Pells Kardinalswürde
Später kam der Vorwurf dazu, Pell selbst habe zwei Jugendliche sexuell missbraucht. Warum der Papst trotz dieses Wissens Pell nach Rom holte und jahrelang im Amt behielt, bleibt vollkommen unverständlich.
Nun steht der Papst vor einer äusserst schwierigen Frage. Pell wurde erstinstanzlich verurteilt. Er wird sicher Berufung einlegen. Soll Papst Franziskus Pell trotzdem, sozusagen präventiv, die Kardinalswürde entziehen? Tut er es, handelt er sich den Vorwurf ein, Pell durch diese Degradierung vorzuverurteilen. Zögert er aber und belässt Pell den purpur-roten Kardinalshut, dann werden die Opferverbände ihm einmal mehr Zaudern oder gar Täterschutz vorwerfen.
Doch das ist nur eines der vielen Probleme des Papstes. Franziskus beförderte zum Beispiel Mario Delpini zum Erzbischof von Mailand. Auch da: Der Papst hätte wissen müssen, dass Delpini als Weihbischof einen Priester lediglich von einer Pfarrei in die nächste versetzt hatte, obwohl dieser Priester Jugendliche missbraucht hatte. Die italienischen Opferverbände werfen dem Erzbischof von Mailand deshalb Vertuschung vor. Sie fordern seine Absetzung. Die Liste solcher Fälle liesse sich verlängern.
Verdüstertes Pontifikat
Jener Abend im März 2013, als Papst Franziskus auf die Loggia des Petersdoms trat und das wartende Volk mit seinem schlichten «Buona Sera» begeisterte, geht immer mehr vergessen. Das düstere Thema des Missbrauchs breitet sich immer mehr über diesem Pontifikat aus.
Andere Anliegen dieses Papstes, etwa der Umweltschutz oder die Solidarität mit Migranten, werden in den Hintergrund gedrängt.