US-Präsident Donald Trump hat eine weitere umstrittene Entscheidung getroffen und besetzt den National Security Council (NSC) neu. Der Sicherheitsrat berät den Präsidenten bei seinen militärischen und aussenpolitischen Entscheidungen. Traditionell gehören ihm der Generalstabschef und der Direktor der nationalen Geheimdienste an. Trump hat die beiden nun aus dem Rat entfernt und berief dafür seinen Chefstrategen Stephen Bannon als ständiges Mitglied.
Die Bedeutung des NSC und die personelle Umbesetzung durch Trumps erörtert Stephan Bierling, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Regensburg.
SRF News: Um was geht es bei diesem Personalentscheid?
Stephan Bierling: Das gab es noch nie seit Einführung des NSC, dass der Kommunikationsdirektor, also der politische Berater des Präsidenten [Bannon] einen festen Sitz in dem Gremium erhält, das sich um die aussen- und sicherheitspolitische Beratung des Präsidenten kümmern soll.
Was bedeutet die Zurücksetzung für den Generalstabschef und den Chef der Geheimdienste?
Trump «watscht» damit diese beiden Personen und ihre Institutionen ab. Er hat immer klargemacht, dass er nicht viel hält von der Expertise der Militärs und noch viel weniger der Geheimdienste. Dieser Hochmut des Präsidenten, Experten seien etwas Feindliches gegenüber der Revolution, die Trump anstrebt, manifestiert sich jetzt in der Besetzung des Nationalen Sicherheitsrats.
Was für eine Art von aussenpolitischem Stil zeichnet sich da ab?
Das ist ein ad-hoc-Stil. Wir wissen nicht, was Trump tun will, das ist typisch für ihn, er wirft Nebelkerzen und will unberechenbar bleiben. Und als zweites macht er Aussenpolitik vor allem aus politischen Erwägungen. Also immer unter dem Gesichtspunkt, was bringt es meiner Wählerklientel und meinem Ansehen. Alles wird so durch die «politische Mangel» gedreht und nichts erfolgt auf Grundlage von faktenbasierten Daten.
Welche Arten von aussenpolitischen Situationen werden im NSC besprochen?
Wie ein Präsident den National Security Council einsetzt, liegt völlig bei ihm. Es gab Präsidenten wie Nixon, der überhaupt nicht auf ihn zurückgegriffen hat. Es gab aber Präsidenten wie der ältere und jüngere Bush, die dort sehr intensiv Kriegsfragen diskutiert haben, denken sie an die Irak-Kriege. Auch die Abwicklung des Kalten Krieges wurde im NSC intensiv besprochen. Hier werden wirklich ganz wichtige Entscheidungen vorbereitet. Wenn die nun politisiert werden, ist es gerade angesichts Trumps Unkenntnis von der Welt hochproblematisch.
Der Präsidentenberater Stephen Bannon erhält einen deutlichen Zuwachs an Macht mit dieser Berufung. Hat er denn Zugang zu den nötigen Informationen, um den Präsidenten militärisch zu beraten?
Den Zugang bekommt Bannon natürlich, als Hauptberater des Präsidenten muss ihm alles vorgelegt werden. Er hat Einblick in die «Daily Briefs» der CIA. Aber das Problem ist, dass sich diese ganze Kamarilla [Privatkabinett] von Trump in einem faktenfreien Raum bewegt. Die besten Informationen helfen natürlich nichts, wenn die Berater und Präsiden diese Fakten nicht wahrnehmen und «alternative Fakten» kreieren zur Unterstützung ihrer politisch erwogenen Entscheidungen.
Aber Trump ist doch auf angewiesen auf eine gute Beziehung mit dem Generalstab und den Geheimdiensten.
Das denkt man normalerweise. Aber Trump ist auch hier ein Revolutionär. So despektierlich wie er den Geheimdienst behandelt oder über das Militär redet, das hat noch kein Präsident gemacht. Trump will diese Revolution und dieses Durcheinander ganz bewusst kreieren, damit die letzte Entscheidung immer bei ihm bleibt.
Sie halten also sein Vorgehen für systematisch?
Ja, da ist mehr System drin im Chaos. Zwar nicht in der Abfolge der einzelnen Massnahmen, da gibt’s keine Logik, ausser dass es das ist, was er im Wahlkampf versprochen hat. Aber viele seiner Exekutivanordnungen sind so schlecht vorbereitet, dass sie wahrscheinlich dem gerichtlichen Überprüfungsprozess gar nicht standhalten werden.
Er spielt im Moment für die Wählerschicht, die ihn ins Weisse Haus gewählt hat. Das ist seine Methode mit den Anordnungen, die er zelebriert, als ob er eine päpstliche Bulle oder Enzyklika unterschreibt. Aber es geht ihm letztlich nur darum, Aufmerksamkeit zu bekommen, in den Medien präsent zu sein und so seinen Wählern zu zeigen, dass etwas passiert. Ob das irgendwie das Los seiner Wähler oder das Schicksal Amerikas verbessert, das interessiert ihn nicht.
Glauben Sie, dass die amerikanische Demokratie dem standhalten wird?
Er wird eine lange Zeit haben, in der er sich so benehmen kann. Die republikanischen Führer im Kongress sind mucksmäuschenstill, weil sie Angst haben, dass er gegen sie auftritt, das könnte sonst ihre Wiederwahlchancen ruinieren. Solange Trump diese Dynamik und Brutalität der Durchsetzungskraft beibehält, kann diese Ära relativ lange dauern.
Irgendwann wird aber die «Gravitationskraft der Realität» einsetzen. Aber ich bin sehr skeptisch, denn auch nach dem Wahlkampf zeigt er, dass er sich wieder ausserhalb der Realität und der Fakten bewegt. Darum würde ich keine Wette eingehen, wann dieses Kartenhaus, das er hier aufbaut, in sich zusammenstürzt.