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Taylors Aussage wird die Ausgangslage nicht entscheidend verändern
Aus SRF 4 News aktuell vom 23.10.2019.
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US-Botschafter belastet Trump «Was William Taylor sagte, war brisant»

In der Ukraine-Affäre gerät US-Präsident Donald Trump wegen Aussagen des US-Botschafters in Kiew stärker unter Druck. Trotzdem: Die Ausgangslage bleibe die gleiche, sagt USA-Kenner Thomas Jäger.

Thomas Jäger

Politikwissenschaftler

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Der Politologe Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Aussenpolitik mit Schwerpunkt USA an der Universität Köln.

SRF News: Laut «New York Times» und «Washington Post» sind die Aussagen des US-Botschafters in Kiew die bislang «detailliertesten und vernichtendsten» in der Ukraine-Affäre. Sehen Sie das auch so?

Thomas Jäger: Das kann man durchaus so sagen. William Taylor hat viele Gespräche notiert, entsprechend konnte er sich bei der Befragung vor dem Kongress gut daran erinnern. Was er sagte, war brisant – doch am Ende wird sich die Frage stellen, ob das alle politischen Kräfte in den USA so sehen.

Welches Interesse verfolgt denn der US-Botschafter in Kiew, wenn er diese Aussagen macht?

Seit August hatte er darauf hingewiesen, dass man die amerikanisch-ukrainischen Beziehungen stärken müsse, insbesondere müsse die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland unterstützt werden. Er nannte es deshalb «verrückt», die US-Militärhilfe für Kiew zu stoppen.

Verdichten sich damit die Anzeichen, dass Trump beim ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski auf eine Gegenleistung gepocht hatte, damit die USA Militärhilfe an die Ukraine zahlen?

Das sieht seit dem Beginn der Affäre jede Partei so, wie sie will. Die Demokraten haben das «Quid pro Quo» von Anfang an gesehen, während die Republikaner noch jetzt behaupten, es habe kein solches gegeben.

Es sieht danach aus, dass Trump Selenski tatsächlich dazu bringen wollte, öffentlich eine Untersuchung gegen Joe Biden anzukündigen.

Allerdings müssen sich die Republikaner jetzt ein bisschen mehr verbiegen, denn es sieht tatsächlich danach aus, als dass Taylors Aussagen stimmen: Trump wollte Selenski dazu bringen, öffentlich eine Untersuchung gegen Joe Biden und seinen Sohn anzukündigen.

Stärken die Aussagen des Botschafters die Position der Demokraten in der Diskussion um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump?

Die Demokraten werden die Anklage im Amtsenthebungsverfahren in jedem Fall führen – sie können das Impeachment nicht ankündigen und es dann nicht machen. Im Senat wird es aber heikel, denn die Republikaner sind dort in der Mehrheit. Werden sie die Anklage fallen lassen, bleibt Trump im Oval Office.

Die öffentliche Meinung ist beim Impeachment entscheidend.

Entscheidend ist dabei die öffentliche Meinung – und die Demokraten glauben nun, in Botschafter Taylor einen glaubwürdigen Zeugen zu haben, damit die Amerikaner, und insbesondere Trumps Anhänger, an der Aufrichtigkeit des Präsidenten zu zweifeln beginnen.

Die Republikaner sprechen von einem «Racheakt», Trump nennt das Vorgehen der Demokraten einen «Lynchmord». Ist da etwas dran?

Richtig ist, dass die Demokraten entschieden haben, Präsident Trump mit dem Impeachment unter Druck zu setzen, um ihn bei den nächsten Wahlen politisch schlagen zu können. Doch einen Rachefeldzug würde ich das nicht nennen.

Am Ende wird jeder seine eigene Wahrheit herauslesen.

Welche Rolle spielen die Aussagen von Botschafter Taylor in der ganzen Sache?

Wer sowieso davon überzeugt ist, dass sich Trump unrechtmässig verhalten hat, wird sich bestärkt sehen. Doch es gibt auch Aussagen des US-Botschafters bei der EU, Gordon Sondland, wonach Trump nicht ausdrücklich eine Gegenleistung von Selenski verlangt habe. Das wird die Trump-Anhänger in ihrer Ansicht bestärken. Aus den vorliegenden Dokumenten wird am Ende also jeder seine eigene Wahrheit herauslesen.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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