- In scharfer Form hat US-Präsident Donald Trump in einem Zeitungsinterview die britische Premierministerin Theresa May und deren Brexit-Strategie attackiert.
- Stattdessen lobte er den jüngst zurückgetretenen Aussenminister Boris Johnson. «Ich denke, er wäre ein grossartiger Premierminister.»
- Auch die EU-Migrationspolitik wurde zur Zielscheibe von Trump.
Beobachter bezeichnen es als beispielloses Interview, dass der US-Präsident anlässlich seines ersten Besuchs in Grossbritannien gegeben hat. Darin attackiert er die ohnehin angeschlagene Premierministerin Theresa May und deren Brexit-Strategie in teils scharfen Worten.
Im Gespräch mit der Boulevard-Zeitung «The Sun» drohte er May mit dem Scheitern eines möglichen Handelsabkommens zwischen Grossbritannien und den USA. Auch Trumps Schmeichelei für einen der grössten Rivalen Mays birgt politischen Zündstoff für die Fortsetzung seines Besuchs am heutigen Freitag.
Der Zeitpunkt der Interview-Veröffentlichung war wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen.
Versuch der Besänftigung
Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer Begrüssungsrede äusserte sich May noch enthusiastisch über die «beispiellosen Möglichkeiten» eines solchen Abkommens. Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin zusätzlich.
Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Aussenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.
Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit «grossem Bedauern» zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar – doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann. «Ich sage nur, ich denke, er wäre ein grossartiger Premierminister.»
Trump betonte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit Grossbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten. «Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten», fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Grossbritanniens mit den USA hinzu. «Wir haben genug Schwierigkeiten mit der Europäischen Union, wir gehen gerade jetzt gegen die Europäische Union vor, weil sie beim Handel nicht fair mit den Vereinigten Staaten umgegangen sind.»
Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört.
Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten: «Ich hätte das sehr anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört.» Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. «Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann.» Bei der von May angestrebten Vereinbarung handele es sich aber nicht mehr um das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.
Trump griff auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut scharf an. Khan ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen. «Ich denke, dass er einen sehr schlechten Job beim Terrorismus gemacht hat, einen sehr schlechten Job bei der Kriminalität», sagte Trump.