Gleich im ersten TV-Duell überzogen sich US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden mit persönlichen Angriffen und lieferten sich chaotische Wortgefechte. Biden bezeichnete Trump als «Rassisten», «Putins Welpen» und «den schlechtesten Präsidenten, den Amerika je hatte». Trump griff Bidens Sohn Hunter an und weigerte sich zu versprechen, sich nicht vor dem offiziellen Wahlergebnis zum Sieger zu erklären.
Schon beim ersten Thema, der Neubesetzung einer freien Stelle am obersten Gerichtshof, widersprachen sich die Kandidaten vehement. Trump sagte zu seiner Nominierung der Richterin Amy Coney Barrett: «Wir haben die Wahl gewonnen und deswegen das Recht, sie auszuwählen.» Biden forderte, mit der Besetzung der Stelle bis Februar 2021 zu warten, «weil wir bereits mitten in der Wahl sind».
Uneinigkeit herrschte auch bezüglich des Umgangs mit der Corona-Pandemie. Nachdem Trump betont hatte, einen Plan für die Gesundheitsversorgung zu haben, bezichtigte Biden ihn der Lüge. «Jeder weiss, dass Trump ein Lügner ist. Er wusste schon im Februar über die Gefahr durch Covid-19 Bescheid und hat nichts unternommen.» Angesichts von über 205'000 Corona-Opfern in den USA warf Biden ihm vor, dem Kampf gegen die Pandemie nicht gewachsen zu sein.
Ich habe die beste Wirtschaft in der Geschichte des Landes aufgebaut.
«Wenn wir auf Biden gehört hätten, wären die Grenzen weit offen gewesen und es wären mehr Bürger gestorben», konterte Trump. Er aber habe mit seinem Krisenmanagement womöglich Millionen Tote verhindert. Er habe einen grossartigen Job gemacht und die beste Wirtschaft in der US-Geschichte aufgebaut.
Moderator Wallace fragt die Kandidaten nach ihrer Haltung zum Thema Rassismus und den Black-Lives-Matter-Protesten. «Bisher gab es keinen Präsidenten, der so viele unangebrachte Sprüche zu Rassismus platziert hat wie Trump. Er hat nichts gemacht für die afroamerikanische Gemeinschaft», sagte Joe Biden.
Donald Trump entgegnete, er hätte gerne mit mehr Recht und Ordnung in die Proteste eingegriffen, aber die demokratisch regierten Bundesstaaten hätten Frieden und Ordnung verhindert.
Biden sprach Publikum direkt an
Trump malte zudem einmal mehr das Szenario von massivem Betrug bei Briefwahlen und wich der Frage aus, ob er eine Niederlage akzeptieren würde. Zudem weigerte er sich, Rechtsradikale und bewaffnete rechte Gruppen eindeutig zu verurteilen. «Fast alles, was ich sehe, ist vom linken Rand, nicht vom rechten Rand», sagte er.
Ihr Leute zu Hause, wie geht es Euch?
Präsidentschaftskandidat Joe Biden nutzte die TV-Debatte mehrmals, um sich direkt an die Wähler zu wenden. In der Coronakrise sei es Millionären und Milliardären wie Trump gut ergangen, «aber Ihr Leute zu Hause, wie geht es Euch?», sagte Biden zum Beispiel in die Kamera.
Trump fiel Biden immer wieder ins Wort
Trump fiel Biden während des TV-Duells immer wieder ins Wort und musste von Foxnews-Moderator Chris Wallace mehrmals ermahnt werden. Biden reagierte häufiger mit einem ironischen Lächeln auf Äusserungen des Amtsinhabers.
Die 90-minütige Debatte wurde von einem Millionenpublikum verfolgt. Für beide Kandidaten stand viel auf dem Spiel. Trump lag bis zuletzt in landesweiten Umfragen hinter Biden. Biden musste die Gelegenheit nutzen, um zu zeigen, dass er trotz seiner 78 Jahre in der Lage ist, das Land zu lenken.
Biden leistete sich diesmal keine verbalen Patzer und es gelang dem Ex-Vizepräsidenten, Ruhe zu bewahren. In einer Umfrage des Senders CBS sah denn auch eine knappe Mehrheit den demokratischen Herausforderer als Sieger im Schlagabtausch mit Trump.